Noch ist der letzte Ball nicht über dem Netz, aber das Ausscheiden von Serienmeister Hypo Tirol aus der Austrian Volley League ist kaum noch zu verhindern.

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Peter Kleinmann lässt die Kritik an seinem Sponsorendeal nicht gelten.

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Wien – Am Sonntagabend könnte die Dominanz von Hypo Tirol im österreichischen Herrenvolleyball gleichzeitig prolongiert und beendet werden. Die Innsbrucker gastieren zum fünften Finalspiel der Austrian Volley League (AVL) bei Posojilnica Aich/Dob in Bleiburg und haben nach bisher 3:1-Siegen in der Endspielserie (best of seven) quasi Matchball auf ihren zehnten Meistertitel, den vierten en suite.

Nicht aber das Spiel selbst steht da im Mittelpunkt, sondern die Frage, ob es der überhaupt letzte AVL-Auftritt von Hypo Tirol sein könnte. Das Thema ist auf dem Tapet, weil Verbandspräsident Peter Kleinmann Anfang April darauf aufmerksam gemacht hat, dass Hypo Tirols Manager Hannes Kronthaler die Nennfrist für die neue AVL-Saison ungenutzt verstreichen ließ. Am vergangenen Dienstag legte Kleinmann per Aussendung nach. Die Pläne der Tiroler, künftig in der deutschen Bundesliga mitzuspielen, würden konkreter. Kronthaler zieh Kleinmann, quasi mit alten Hüten hausieren zu gehen: "Das sage ich seit zwei Jahren." Wohin es Hypo Tirol verschlägt – in die deutsche Liga oder doch eher nach Italien -, will der ehemalige Teamspieler demnächst bekanntgeben.

Wiener Lücke

Kronthaler, der Kleinmann einst seinen "Papa in Wien" genannt hat und von diesem "Ziehsohn in Tirol" geheißen wurde, nun aber schon seit Jahren eine innige Feindschaft mit dem Dauerpräsidenten pflegt, sieht in der AVL nicht mehr die Rahmenbedingungen für professionelles Volleyball gegeben. Der von Kleinmann prophezeite Volleyballboom nach der halben Heim-EM 2011 (mit Tschechien) sei ausgeblieben, ja Kleinmann habe sich aus finanziellen Gründen von seinem eigenen Klub, den hotVolleys, verabschiedet. "Wir sind daher die einzige Ballsportart in Österreich, die in Wien keinen erstklassigen Verein hat. Darum sollte sich der Präsident kümmern."

Dass sich Kleinmann um einen Verbandssponsor gekümmert hat, wirft Kronthaler Kleinmann nicht vor, wohl aber, dass der Sponsor DenizBank heißt und dass die Vereine Werbeflächen zur Verfügung zu stellen hätten – "zu verschenken", wie Kronthaler sagt. Das in russischem Besitz befindliche Kreditinstitut aus der Türkei, auch Namenssponsor der Champions League, lässt sich das im Vorjahr begonnene dreijährige AVL-Engagement 220.000 Euro kosten, sagt Kleinmann.

Kronthaler sagt, dass ihn Kleinmanns Sponsorabschluss in der nun endenden Saison zumindest 30.000 Euro gekostet hat – an Strafen, weil Hypo Tirol aus Rücksicht auf den eigenen Namenssponsor bei Heimspielen das Ligalogo mit DenizBank nicht wie im Statut vorgeschrieben präsentierte. Weil der ÖVV die Strafen erhöht habe, könnte Hypo Tirol in der nächsten Saison bis zu 100.000 zahlen. "30.000 hätte ich noch akzeptiert, wir können uns das ja noch am ehesten leisten. 100.000 aber nicht", sagt Kronthaler.

Kleinmann erklärt die Erhöhung mit einer Nachschärfung des Regulativs. Für jedes Einzelvergehen seien 400 Euro Strafe fällig. Das summiert sich, weil das Namenslogo auch von jedem Spieler auf dem rechten Leiberlärmel zu tragen ist. In der Vorsaison seien die Tiroler nach Protest jeweils nur einmal für die gesamte Mannschaft und eine fehlende Bande – in Summe 800 Euro pro Spiel – zur Kasse gebeten worden. Ab nun könnten pro Spiel mehr als 5000 Euro fällig werden, weil für jeden nicht vorschriftsmäßig gebrandeten Spieler bezahlt werden muss.

Weibliche Stiefkinder

Die Kritik am Sponsordeal von Kleinmann wird von Martin Micheu, dem Sportdirektor von Aich/Dob, nicht vollumfänglich geteilt, obwohl die Kärntner in Posojilnica ebenfalls eine Bank als Namenssponsor haben. Allerdings sagt auch Micheu, dass die Vereine vom Ligasponsor zu wenig profitieren würden, "überhaupt die Damen". Während die Herrenvereine 2000 Euro pro Saison bekommen, gehen die wirtschaftlich großteils schwächeren Vereine der Damenliga zumindest bar leer aus. "Wir haben noch nie Geld bekommen", sagt Jürgen Freller, der geschäftsführende Präsident der ATSC Wildcats Klagenfurt, die erwägen, aus der Liga auszuscheiden, nachdem die Kärntner Sparkassen wegen Kleinmanns Ligageldgeber ihr finanzielles Engagement deutlich reduzierten. Freller spricht von einem Eingriff in bestehende Verträge und selbstherrlicher Gebarung eines "selbsternannten Sonnengottes des österreichischen Volleyballs".

Der Präsident kontert die Kritik am Vertrag mit der DenizBank auch durch eine Auflistung der Leistungen, die der Verband erbringe. Er beziffert sie mit 100.000 bis 120.000 Euro pro Liga (Damen, Herren). Direkte Leistungen seien etwa die Übertragungen von Spielen in ORF Sport+ und die Spielbälle. Zudem kümmere sich der Verband um Organisation, Verwaltung, Öffentlichkeitsarbeit et cetera. Kleinmann: "Die Vereine können sich die Liga gerne selber organisieren, aber was, wenn sie nach drei Monaten draufkommen, dass sich das nicht ausgeht?"

So oder so nicht ausgehen wird sich eine weitere Zusammenarbeit mit Hypo Tirol. Eine Nachnennung sei kaum möglich. Auch im Fall des Meisterstücks am Sonntag gilt das als Trauerspiel. (Sigi Lützow, 22.4.2017)