Maria Vassilakou in Bedrängnis: Das Bauprojekt am Heumarkt stürzt auch die Wiener Grünen in eine Krise.

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Wien – Die Wiener Grünen erwartet ein langer Arbeitstag, der auch über das berufliche Schicksal von Planungsstadträtin Maria Vassilakou entscheiden könnte. Am Montagnachmittag treffen sich Vertreter der Partei, um über die grüne Urabstimmung zum Bauprojekt am Heumarkt zu diskutieren. Laut Alexander Hirschenhauser, Mitinitiator der Abstimmung und Klubchef der Grünen im ersten Bezirk, wird die Tagung gegen 17.30 Uhr in der grünen Parteizentrale in der Lindengasse starten, sagte er dem STANDARD. Sie dürfte bis in die Nacht dauern.

Der intensive Gesprächsbedarf ist gegeben, weil sich die grüne Basis mit knapper Mehrheit (51,33 Prozent) gegen das Heumarkt-Projekt inklusive 66-Meter-Luxuswohnturm des Investors Michael Tojner ausgesprochen hat. Das Nein-Lager gewann mit nur 18 Stimmen Überhang. Weil die Wahlbeteiligung bei mehr als 50 Prozent lag – konkret nahmen 52 Prozent der stimmberechtigten 1.313 Mitglieder teil –, ist die Befragung laut Parteistatut bindend.

Vassilakous Standing hat gelitten

Das bringt Vizebürgermeisterin Vassilakou, eine Verfechterin der Neugestaltung am Heumarkt, in massive Bedrängnis. Denn die Einigung wäre eigentlich mit dem roten Koalitionspartner und dem privaten Investor Wertinvest längst ausverhandelt. Dass sich die Mehrheit der grünen Basis gegen das Projekt ausspricht, zeigt auch, dass das Standing Vassilakous in der eigenen Partei schwer gelitten hat.

Am Sonntag herrschte in der Parteispitze Unklarheit darüber, wie es weitergehen wird. Es gelte, was schon vor der Abstimmung gesagt worden sei, sagte ein Sprecher Vassilakous. Die Vertreter der Partei würden sich "zusammensetzen und überlegen". Ob es schon am Montag ein Ergebnis zum weiteren Vorgehen gebe, sei aber noch nicht sicher.

Grün-interne Gegner erhöhen Druck

Neben Mitgliedern des Vorstands und des Klubs sollen laut Hirschenhauser auch Vertreter der Bezirke und der Basis an der Diskussion teilnehmen. Hischenhauser erhöhte am Sonntag den Druck auf die Parteispitze: "Wir erwarten von unseren Mandataren im Rathaus, dass sie das Bauprojekt in der vorliegenden Form nicht weiter betreiben", sagte er dem STANDARD.

Konkret fordern die grün-internen Gegner eine Obergrenze der Gebäudehöhe, die mit den Vorgaben des Unesco-Weltkulturerbes in Einklang zu bringen sei. Schon seit Jahren mahnt die Unesco, dass die Grenze bei 43 Metern liege. Das ist in etwa die Höhe des Hotels Intercontinental neben dem Eislaufverein. Werde darauf nicht Rücksicht genommen, drohe der Verlust des Welterbe-Prädikats. Zudem solle die Baumasse des Hotels, das abgerissen und geringfügig höher neu errichtet werden soll, laut den Projektgegnern verringert werden.

Dabei hatte sich die grüne Landeskonferenz noch im Jänner mit großer Mehrheit darauf geeinigt, das Flächenwidmungsverfahren weiterzuführen – und gleichzeitig "Maßnahmen zum Schutz des kulturellen Erbes zu setzen", wie es in einer Aussendung hieß. Hirschenhauser räumte "widersprüchliche Beschlüsse" der Grünen ein. Dass sich nach der Urabstimmung die Parteispitze samt Vassilakou weiter für das Bauprojekt ausspreche, hält Hirschenhauser "für unrealistisch".

Auswirkung auf rot-grüne Koalition

Setzen sich die Kritiker durch, wird das auch Auswirkungen auf die rot-grüne Koalition haben. Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) unterstützt das private Projekt, das auch eine Sanierung und eine neue Ganzjahres-Eishalle für den Wiener Eislaufverein (WEV) und eine Öffnung des Platzes im Sommer vorsieht. Für Häupl ist die Höhe des Turms kein Problem. Dass in Wien schon Gebäude mit mehr als 35 Metern Höhe als Hochhaus gelten, kommentierte Häupl in einem STANDARD-Interview vor zwei Monaten so: "In anderen Städten ist das die Höhe einer Hundehütte." (David Krutzler, 23.4.2017)