Ankara – Eine Woche nach dem umstrittenen Verfassungsreferendum in der Türkei haben in der Metropole Istanbul erneut Tausende gegen das Ergebnis demonstriert. Die Gegner des Präsidialsystems marschierten am Sonntag friedlich unter anderem im asiatischen Stadtteil Kadiköy und hielten Transparente mit der Aufschrift: "Das Referendum soll annulliert werden", wie auf Live-Übertragungen zu sehen war.

Auch auf der zentralen Einkaufsstraße Istiklal versammelten sich Gegner des Referendums. Zu Auseinandersetzungen mit der Polizei kam es zunächst nicht.

Wahlbetrug

Nach vorläufigen Wahlergebnissen stimmten am vergangenen Sonntag 51,4 Prozent der Türken für die Einführung eines Präsidialsystems, das dem Präsidenten Recep Tayyip Erdogan mehr Macht verleiht. Die Opposition wirft dem "Ja"-Lager Wahlbetrug vor und fordert eine Annullierung. Die Wahlkommission hat den Einspruch der Opposition jedoch abgelehnt.

Seit einer Woche gehen in Istanbul und anderen Städten in der Türkei wie der Hauptstadt Ankara und dem westtürkischen Izmir zahlreiche Gegner Erdogans auf die Straße. Die Proteste hatten sich zuletzt abgeschwächt. Dutzende wurden festgenommen, gegen sieben Aktivisten wurde am Samstag in Izmir Haftbefehl erlassen.

Die Feierlichkeiten auf den auf Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk zurückgehenden "Tag des Kindes" wurden am Sonntag ebenfalls vom Streit über das Referendum überschattet. Im Parlament in Ankara, das anlässlich des Feiertags zu einer Sondersitzung zusammenkam, lieferten sich Regierung und Opposition Wortgefechte. (APA, 23.4.2017)