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Netanjahu sagte das Treffen mit Sigmar Gabriel ab.

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Kern bei seinem Gespräch mit Netanjahu.

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Neben einer Theodor-Herzl-Büste wurde die Pressekonferenz in Netanjahus Amtssitz abgehalten.

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Hans Dichand spendete für die Hand-in-Hand-Schule in Jerusalem, die rund 700 Schülerinnen und Schüler besuchen

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Wegen des österreichischen Kanzlers Christian Kern waren die israelischen Journalisten nicht zum kurzen Pressetermin mit Premier Benjamin Netanjahu in den Regierungssitz gekommen. Werde das Treffen mit dem deutschen Außenminister Sigmar Gabriel stattfinden, riefen sie Israels Regierungschef zu. Seine knappe Antwort: "Es hat sich nichts geändert." Das bezog sich auf ein Ultimatum an Gabriel, entweder eine Zusammenkunft mit Vertretern der Gruppen Breaking the Silence und B' Tselem abzusagen – oder jenes mit Netanjahu als abgesagt zu betrachten. Wenig später folgte die Bestätigung: Israels Premier werde den deutschen Außenminister nicht treffen, erklärten deutsche und israelische Medien.

Damit war ein Eklat perfekt, der sich schon am Vormittag angekündigt hatte. Besonders Breaking the Silence steht in Israel in der Kritik, weil sich die Organisation kritisch mit der Siedlungspolitik auseinandersetzt und Missstände in den Palästinensergebieten anprangert. Sie stützt sich auf Aussagen ehemaliger Soldaten, die anonym veröffentlicht werden. In Israel werden sie oft als Nestbeschmutzer gebrandmarkt. Zum Abschluss seines Besuchs traf Gabriel mit Vertretern der beiden Gruppen zusammen.

Gabriel hatte zuvor im Gespräch mit deutschen Journalisten erklärt, es handle sich um ein normales Vorgehen, wie man es seit Jahren in vielen Ländern praktiziere. Zudem stellte er zur Diskussion, wie es aufgenommen würde, wenn Deutschland sich ähnlich gegenüber einem israelischen Premier verhielte, der sich in Berlin mit Regierungskritikern trifft. Ein solches Verhalten, so Gabriel, "wäre undenkbar". Dennoch: "Das verändert mein Verhältnis zu Israel nicht." Er bedauere die Absage, betonte aber "dass wir jetzt hier nicht zum Spielball der Innenpolitik Israels werden dürfen". Von israelischer Seite hieß es, man habe vor Wochen bereits Kritik an dem Termin geübt, und es sei üblich das Besuchsprogramm abzustimmen.

Gabriel nahm Anruf nicht an

Kern hatte am Vormittag nicht direkt Bezug auf den Streit genommen. Er sagte nur: "Wahre Freundschaft" bedeute, dass man hinter verschlossenen Türen auch andere Themen besprechen könne. Er versuchte dann beim Gespräch mit Netanjahu zwischen diesem und Gabriel, den er am Vorabend in der Hotelbar getroffen hatte, zu vermitteln. Der Vorschlag: ein Telefonat statt eines Treffens. Allerdings: Als Netanjahu Gabriel am Nachmittag tatsächlich anrief, nahm dieser das Gespräch zunächst nicht an.

Kern selbst hatte kein Treffen mit NGOs auf dem Programm seines Staatsbesuchs, der von Samstagabend bis Dienstagnachmittag dauerte. Pläne dazu seien verworfen worden, hieß es aus diplomatischen Kreisen – auch aus Rücksicht darauf, dass die Visite am Holocaust-Gedenktag stattfand. Netanjahu nahm bei der Begrüßung in seinem Amtssitz darauf Bezug und würdigte Kerns Eintreten gegen Antisemitismus und Holocaustleugnung. Er nahm auf jene Geschichte Bezug, die Kern in Israel erzählt hatte: dass Kerns Mutter als Jugendliche ein jüdisches Ehepaar mit Essen und Wasser versorgt hatte. Dafür dankte er.

Er verwies auch auf die riesige Theodor-Herzl-Büste, die neben Kerns Pult stand. Herzl, der aus Österreich-Ungarn stammende Vordenker eines Judenstaats, habe von einer jüdischen Armee geträumt, die einmal einen israelischen Staat verteidigen würde. "Sie haben ihn für einen Narren gehalten." Nun gebe es aber eine moralisch aufrechte Armee, die einen moralischen Staat verteidige – das konnte als Seitenhieb auf Gabriel interpretiert werden.

Lob für Österreich

Für Österreich fand der Premier nur lobende Worte: In Zukunft könne man im Technologiebereich mehr zusammenarbeiten. Kern pries Israel als "Start-up-Nation. Die ganze Welt schaut auf sie als Rollenmodell". Kern hatte neben Techfirmen auch ein Primärversorgungszentrum und die "Hand-in-Hand-Schule" besucht, die auf eine Initiative Teddy Kolleks zurückgeht. Es ist die einzige Schule, in der israelische und palästinensische Kinder gemeinsam unterrichtet werden. Eine Tafel erinnert an Spenden von Kronen Zeitung-Gründer Hans Dichand.

Kern traf neben Präsident Reuven Rivlin auch den ultranationalistischen Verteidigungsminister Avigdor Lieberman und die Chefs von Arbeiter- und Zentrumspartei, Jizchak Herzog und Yair Lapid. Kern vermied während des Besuchs bei öffentlichen Statements Kritik an Israel und sprach auch die Zwei-Staaten-Lösung nicht an. (Alexandra Föderl-Schmid aus Jerusalem, 25.4.2017)