PRO: Spekulationsbremse
von Eric Frey

Dass SPÖ und ÖVP den Vorstoß von Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker für eine vierjährige Legislaturperiode ohne vorzeitige Auflösungsoption empört zurückweisen, ist nicht überraschend. Denn das würde Politiker eines ihrer liebsten Spielzeuge berauben. Regierungschefs nutzen Neuwahlen, um zum richtigen Zeitpunkt ihre Mehrheit auszubauen – so wie jetzt in Großbritannien. In Koalitionen wird mit der Drohung Druck auf Partner ausgeübt, und Oppositionsparteien können sich tagtäglich mit dem Ruf nach Neuwahlen in Szene setzen. Ach ja, auch die Medien lieben solche Spekulationen.

Für die Demokratie aber wäre es besser, wenn mit diesem Instrument weniger Schindluder betrieben und eine Auflösung des Parlaments deutlich erschwert wird – was in anderen Ländern der Fall ist. Scheitert eine Regierung, dann müssen neue Mehrheiten gefunden werden. Das stärkt das freie Mandat. Auch ein fliegender Koalitionswechsel ist besser, als die Wähler zur Urne zu rufen, was an den Mehrheitsverhältnissen oft ohnehin wenig ändert.

Laut Kraker soll nur der Bundespräsident im Ausnahmefall das Parlament auflösen dürfen. Wenn damit gemeint ist, dass er Neuwahlen zwar verhindern, aber nicht erzwingen kann, dann wäre das eine sinnvolle Rolle für das Staatsoberhaupt, egal von welcher Partei. Und in vier Jahren ohne Neuwahlspekulationen kann eine Regierung mehr erreichen als in fünf Jahren mit einer Dauerrute im Fenster. (Eric Frey, 25.4.2017)

KONTRA: Politische Besachwaltung
von Günther Oswald

Politik ist ein Spiel. Ein Spiel, das von Inszenierung und Machtkämpfen lebt. Wir Wähler (und auch wir Medien) sollten daher nicht jeden kleinen Koalitionsstreit und jede angedeutete Neuwahldrohung todernst nehmen. Trotz ständigen Hickhacks zwischen Rot und Schwarz muss festgehalten werden: Bis jetzt hat sich die erst 2007 beschlossene Verlängerung der Legislaturperiode von vier auf fünf Jahre bewährt.

Das 2008 angelobte Kabinett Faymann I war zwar von Anfang an von wechselseitigem Wehklagen der Koalitionspartner begleitet, letztlich hielt die Regierung aber die vollen fünf Jahre. Ähnlich verhält es sich mit dem Kabinett Kern. Das Misstrauen ist groß, die Abneigung noch viel größer. Aber: Bis jetzt ist von den vielfach kolportierten Neuwahlen nichts zu sehen. Und wenn sich Christian Kern und Reinhold Mitterlehner nicht bald überwerfen, wird auch diese Koalition die vollen fünf Jahre durchdienen.

Die Periode wieder auf vier Jahre zu verkürzen würde an der politischen Diskussionskultur nichts ändern. Man muss sich nur an Wilhelm Molterer erinnern, der nur vier gemeinsame Jahre mit Alfred Gusenbauer verbringen sollte, aber schon nach zwei Jahren wusste: "Es reicht." Dass nur noch der Bundespräsident in Ausnahmefällen den Nationalrat vorzeitig auflösen können soll, wäre absurd. Freie Mandatare müssen frei entscheiden können – in allen Belangen. Alles andere wäre politische Besachwaltung. (Günther Oswald, 25.4.2017)