Oliver Hayden kommt dem Malaria-Erreger auf Umwegen auf die Schliche.

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Wien/München – Der österreichische Biochemiker Oliver Hayden (45) ist für den Europäischen Erfinderpreis 2017 nominiert. Er hat mit dem Niederländer Jan van den Boogaart bei Siemens Healthineers einen Test für sichere Malaria-Diagnose entwickelt.

Dafür haben sie nun die Chance auf den Preis in der Kategorie "Industrie", teilte das Europäische Patentamt (EPA) mit, das die Ehrung am 15. Juni in Venedig vergibt. Haydens Konkurrenten sind der Schwede Lars Liljeryd, der sich mit der Kompression digitaler Audiodateien beschäftigt, und das italienische Forschungsteam Giuseppe Remuzzi, Ariela Benigni und Carlamaria Zoja, deren Gebiet die Behandlung chronischer Nierenkrankheiten ist.

Hintergrund

Der Europäische Erfinderpreis wird seit 2006 jährlich vom Europäischen Patentamt (EPA) in den fünf Kategorien Industrie, Forschung, kleine und mittlere Unternehmen (KMU), Nicht-EPA-Staaten sowie Lebenswerk vergeben. In jeder dieser Kategorien gibt es drei Nominierungen. Zudem wird ein Publikumspreis vergeben, über den per Online-Votum im Internet öffentlich abgestimmt wird. Mit der Auszeichnung sollen herausragende Erfinder bzw. Teams von Entwicklern gewürdigt werden, deren Arbeiten besonders zum gesellschaftlichen, technischen und wirtschaftlichen Fortschritt beigetragen haben.

Laut Weltgesundheitsorganisation wurden 215 Millionen Menschen im Jahr 2015 mit Malaria infiziert, knapp eine halbe Million Menschen verstarb daran. Bisher gibt es laut EPA aber noch keinen automatisierten Bluttest zur Diagnose der Tropenkrankheit, nur zehn Prozent aller Infektionen werden erkannt.

Neuartiger Ansatz

Hayden und Van den Boogaart (57) setzten nicht auf den zeit- und kostenintensiven Nachweis des Malariaerregers selbst, sondern verfolgten einen anderen Ansatz: die Identifikation von spezifischen, von der Krankheit hervorgerufenen Veränderungen im Blutbild von Patienten. So vermindert sich bei Malariapatienten beispielsweise die Zahl der Blutplättchen (Thrombozyten).

Das alleine würde für eine Diagnose nicht ausreichen. Durch die Kombination von 30 verschiedenen Werten konnten die Entwickler aber eine Art Daten-Fingerabdruck der Malaria erstellen, der es erlaubt, die Krankheit mit einer Sicherheit von 97 Prozent zu diagnostizieren. 2011 meldeten sie ein europäisches Patent an, das ihnen 2015 auch erteilt wurde. Die beiden kontaktierten ein Siemens-Forschungsteam in Wien, das im Bereich Biosensoren arbeitet und entwickelten einen malariaspezifischen Algorithmus für einen Blutscanner der Siemens-Medizintechnik-Sparte Healthineers.

Diese automatisierte Methode ermöglicht Untersuchungen mit hohem Durchsatz und geringeren Kosten als bisher. Mittlerweile versuchen die beiden Forscher, die Methode einer Diagnose mittels Daten-Fingerabdrucks auch auf andere Erkrankungen wie Leukämie auszudehnen.

Werdegang

Hayden, geboren in Steyr (OÖ), studierte an der Universität Wien Biochemie, wo er nach der Promotion (1999) und einem Postdoc-Aufenthalt an der Harvard University auch habilitierte. 2005 wechselte er an das IBM Forschungslabor Zürich und arbeitet seit 2007 bei Siemens Corporate Technology bzw. Siemens Healthineers. Dort beschäftigt er sich mit organischer Elektronik für die medizinische Bildgebung und in-vitro Diagnostik von Blutzellen.

Der Biochemiker ist Autor von mehr als 80 Publikationen und wird in knapp 100 Patentfamilien als Erfinder bzw. Miterfinder genannt. 2017 wurde er auf die Heinz-Nixdorf-Professur für Biomedizinische Elektronik an die Technische Universität München berufen.(APA, 26. 4. 2017)