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Zwei Tage nach der Ablehnung des von Alitalia-Management und Gewerkschaften ausgearbeiteten Sanierungsplans durch die Belegschaft ist das G'riss um die Flugrechte der Alitalia voll im Gang.

Foto: AP/Antonio Calanni

Eine Verstaatlichung schloss die Regierung in Rom am Mittwoch erneut aus. Am Leben halten will man das Nationalsymbol trotzdem. "Um den Betrieb von Alitalia für maximal sechs Monate zu garantieren, erwägt der Staat einen Überbrückungskredit von 300 bis 400 Millionen Euro zu gewähren", erklärte Industrieminister Carlo Calenda.

Dies freilich nur, bis "das Unternehmen an den Bestbieter verkauft" wird, wie Verkehrsminister Graziano Delrio sagte. Auch Ministerpräsident Paolo Gentiloni schloss eine Verstaatlichung aus. Alitalia habe die Steuerzahler bereit mehrere Milliarden Euro gekostet, man könne ihnen keine weitere Last mehr aufbürden. Aus Brüssel verlautete, dass von Rom hinsichtlich Hilfskredit noch keine Anfrage gestellt wurde. Die Kommission sei aber zu Gesprächen bereit.

Fix ist: Die Hauptversammlung der Alitalia-Aktionäre entscheidet erst kommende Woche über die Insolvenzprozeduren für das marode einstige Nationalheiligtum. Das Aktionärstreffen wurde auf Dienstag verschoben, teilte die Fluggesellschaft mit. Alitalia wird nun unter Zwangsverwaltung gestellt. Die Kommissare, die vorübergehend ins Cockpit steigen, sollen in den nächsten Tagen ernannt werden. Sie werden einen Käufer für die Airline suchen, die Zerschlagung oder den Abverkauf einzelner Teile einleiten – und den Konkursantrag stellen.

Zwei Tage nach der Ablehnung des von Alitalia-Management und Gewerkschaften ausgearbeiteten Sanierungsplans durch die Belegschaft ist das G'riss um die Slots, also die Flugrechte der Alitalia, entbrannt. Im Visier stehen vor allem Start- und Landerechte in Linate, dem City-Flughafen von Mailand, und in Rom-Fiumicino. Um sie matchen sich Ryan Air, Easyjet und der spanische Billig-Carrier Vueling. In Linate stehen die Bewerber um die Genehmigungen überhaupt Schlange. Laut der Kontrollbehörde Assoclearance gibt es knapp tausend Anfragen.

Slots sind Gold wert. Etihad, Großaktionär von Alitalia (und Air Berlin), hat erst kürzlich 60 Alitalia-Slots am Londoner Airport Heathrow zum Preis von kolportierten 60 Millionen Euro übernommen. Am Hauptstadtflughafen Fiumicino kontrolliert Alitalia rund 38, in Linate 55 Prozent des Flugverkehrs. Ryan Air avancierte in den vergangenen Jahren mit 32,9 Millionen Passagieren zur Numero Uno im italienischen Luftverkehr. Angeblich sind die Iren auch an interkontinentalen Alitalia-Flügen interessiert.

Flugzeuge abzugeben

Zum Verkauf stehen laut Insidern auch 38 der insgesamt 121 Flugzeuge, die restlichen 83 Maschinen sind geleast. Sollte Alitalia zerschlagen werden, stehen auch Motoren und Ersatzteile zum Verkauf. Auf Arbeitssuche befinden sich unter anderem 1500 Alitalia-Piloten. 350 von ihnen haben ihre Lebensläufe bereits anderen Airlines zukommen lassen. Norwegian Airlines und Ryan Air sind nach eigenen Angaben an Piloten interessiert.

Die Hoffnung italienischer Medien, unter Zwangsverwaltung könnte ein Retter in Gestalt der Lufthansa gefunden werden, ist nur mehr klein. Ein Lufthansa Sprecher: "Es handelt sich um reine Spekulationen. Wir nehmen dazu nicht Stellung." Zwar nahm Europas größte Airline den in Europa glücklosen Arabern Teile von Air Berlin ab. Weitere Scherben von Etihad würden sie aber nicht aufheben, meinen Experten. Die Voraussetzungen für einen Neustart einer abgespeckten Alitalia seien schlecht. Zu gut hätten sich Low-Cost-Carrier in Italien etabliert. (Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand, 26.4.2017)