Blick vom Künstlerhaus zum Intercontinental.

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Wien – Die grünen Heumarkt-Gegner wollen sich noch nicht geschlagen geben. Sie haben am Donnerstag die Gemeinderäte ihrer Fraktion aufgerufen, sich an das Ergebnis der internen Urabstimmung zu halten und im Gemeinderat gegen die Hochhaus-Flächenwidmung zu stimmen. Sollten die Grünen eine Mehrheit tatsächlich verhindern, bedeute das trotzdem nicht das Aus für Rot-Grün, zeigen sie sich überzeugt.

"Wir appellieren, wir werden Überzeugungsarbeit leisten", sagt Alexander Hirschenhauser, Klubchef der Grünen Innere Stadt und Sprecher der Initiative Urabstimmung, auf einer Pressekonferenz und kündigt eine "Charmeoffensive" in Richtung der Abgeordneten an. Man sei optimistisch und zuversichtlich, das Projekt noch verhindern zu können.

"Nicht gegenseitig in die Goschn hauen"

Man habe die Urabstimmung – die erste in der Geschichte der Wiener Grünen – als Mittel eingesetzt, um die Aberkennung des Weltkulturerbes zu verhindern, sagt Hirschenhauser. Interne Kritik an den Hochhausplänen habe es schon lange gegeben, auch Bekenntnisse für den Erhalt seien beschlossen worden – zuletzt im November 2016 von der Landesversammlung, dem größten Gremium der Landespartei. Ende Jänner habe allerdings die Landeskonferenz als kleineres Führungsgremium das wieder außer Kraft gesetzt, indem sie die Fortsetzung des Projekts beschloss, sagt Hirschenhauser. Also habe man zur Urabstimmung gegriffen.

Mit harten Konsequenzen oder einer Personaldebatte über Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou wollen die Kritiker allerdings nicht drohen, sollte ihrem Wunsch im Gemeinderat nicht entsprochen werden. "Wir sprechen nicht über Personen, wir sprechen über eine Sachfrage", sagt Hirschenhauser. Aus der Partei wolle er "sicher nicht" austreten. "Wegen einer Sachfrage rennt man nicht von einer Partei davon", ergänzt Nicole Delle Karth. Schließlich sei man bei vielen anderen wichtigen Themen einer Meinung. Als "zahnlose Basis" will man sich allerdings nicht titulieren lassen. "Zahnlos wäre es dann, wenn es ums Beißen ginge", analysiert die Döblinger Grüne. "Wir versuchen zusammenzuarbeiten und nicht, uns gegenseitig in die Goschn zu hauen."

Hauchdünne Mehrheit

Selbst wenn sich die Sieger der Urabstimmung durchsetzen und das Projekt am 1. Juni keine Mehrheit bekommt – eine Gefahr für die Koalition mit der SPÖ sieht Hirschenhauser nicht: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Hochhaus ein Grund sein könnte, dass die erfolgreiche Zusammenarbeit von Rot-Grün beendet werden soll."

Tatsächlich scheint eine rot-grüne Mehrheit für das Heumarkt-Projekt äußerst knapp zu werden. Denn drei von zehn grünen Abgeordneten haben im STANDARD-Gespräch kundgetan, nicht für die Flächenwidmung stimmen zu wollen: Martin Margulies, Faika El-Nagashi und Barbara Huemer. Wobei die beiden Letzteren offenließen, ob sie aktiv dagegen stimmen oder sich enthalten werden. Das macht insofern einen Unterschied, als Enthaltungen nicht als gültige Stimmen gezählt werden. Um Beschlüsse zu fassen, braucht es eine Mehrheit aller gültigen Stimmen. Enthaltungen werden somit nicht berücksichtigt – also auch nicht als Gegenstimme gewertet.

Insgesamt verfügt Rot-Grün über 54 von 100 Mandaten. Stimmen alle SPÖ-Mandatare für das Projekt und bei den Grünen lediglich Margulies, El-Nagashi und Huemer dagegen – bei den restlichen sieben Grünen-Abgeordneten dürfte die Zustimmung fix sein –, würde man eine hauchdünne Mehrheit von 51 Stimmen schaffen. Denn die Opposition hat bereits angekündigt, die Flächenwidmung nicht zu unterstützen.

Diese muss am 10. Mai die erste Hürde passieren. Dann wird das Dokument dem Planungsausschuss vorgelegt. Nur wenn es dort eine Mehrheit erhält, kommt es am 1. Juni zur endgültigen Abstimmung in den Gemeinderat. (APA, red, 27.4.2017)