Johann Brandstetter und Josef H. Reichholf, "Symbiosen. Das erstaunliche Miteinander in der Natur". € 39,- / 300 Seiten. Verlag Matthes & Seitz, Berlin 2017

Matthes & Seitz

War die Evolutionstheorie lange vom Konzept des "Kampfes ums Dasein" geprägt, so streichen Forscher wie der Biomathematiker Martin Nowak heute vielfach die Bedeutung der Kooperation im evolutionären Geschehen heraus. Der Erste, der die Bedeutsamkeit des Miteinanders in der Evolution betonte, war um 1900 der russische Anarchist Pjotr Kropotkin.

Ein anderer Symbiosepionier war der Wiener Biologe Paul Kammerer, der wenige Jahre nach Kropotkin etliche Arbeiten über Symbiosen und ihre Bedeutung in der Biologie verfasste. Mit solchen historischen und theoretischen Fragen halten sich Johann Brandstetter und Josef H. Reichholf in ihrem Buch erst gar nicht auf: In 31 Kapiteln beschreiben sie besonders erstaunliche Kooperationen in der Natur – und tun dies selber in Form einer mustergültigen Symbiose.

31 Geschichten erstaunlicher Kooperationen

Illustrator Brandstetter eröffnet die Kapitel mit einer doppelseitigen Illustration, ehe sein Symbiont Reichholf fußnotenfrei und ohne alle Literaturangaben erklärt, warum Algen mit Faultieren in Symbiose leben oder Pfeilgiftfrösche mit Bromelienpflanzen, wie Clownfische Anemonen vor Fressfeinden schützen oder wozu eine Baumart auf Mauritius den ausgestorbenen Dodo brauchte.

Eine der 31 komplexen Symbiosen, die im Buch geschildert werden: Passionsblumen werden von Holzbienen bestäubt und von Raupen des Passionsblumenfalters gefressen, den wieder andere Falter nachahmen.
Foto: Otto Beigelbeck, Illustration: Johann Brandstetter

Selten wurde dieses höchst erstaunliche Miteinander der Natur anschaulicher und ästhetisch anziehender dargestellt als in diesem Band, der die wunderbare Buchreihe "Naturkunden" um ein weiteres Meisterwerk der Buchgestaltung bereichert.

P.S.: Wer die Illustrationen in Originalgröße bewundern mag, kann das bis Herbst 2017 im Haus der Natur in Salzburg tun. Und einen Kunstkurs mit Johann Brandstetter gibt es dort demnächst auch, nämlich am 31. Mai. (tasch, 28.4.2017)

Und hier noch die gezeichnete Symbiose von Kaffernbüffel und Madenhacker.
Foto: Johann Brandstetter