Rom – Ein italienischer Staatsanwalt hat seine Vorwürfe gegen Hilfsorganisationen im Mittelmeer verschärft. "Meiner Auffassung nach könnten einige NGOs von Schleppern finanziert sein", sagte Carmelo Zuccaro am Donnerstag dem Fernsehsender Rai 3, nachdem er Nichtregierungsorganisationen bereits eine Zusammenarbeit mit libyschen Schleppern bei Rettungsaktionen im Mittelmeer vorgeworfen hatte.

"Die Angelegenheit könnte sogar noch beunruhigender sein", sagte der Staatsanwalt der sizilianischen Stadt Catania. Einige NGOs könnten demnach das Ziel verfolgen, "die italienische Wirtschaft zu destabilisieren, um daraus Vorteile zu erzielen".

Finanzminister Andrea Orlando warnte vor einer Vorverurteilung. Er hoffe, dass sich die Staatsanwaltschaft auf Grundlage von Ermittlungsergebnissen äußere, sagte Orlando zu Repubblica TV. Es sei nicht fair, die Geschichte der NGOs entlang einer möglichen Verwicklung mit Schleppern zu rekonstruieren.

Hinweise auf direkte Kontakte

Zuccaro hat Ermittlungen über mutmaßliche Verbindungen zwischen Helfern und Schleppern eingeleitet. Es gebe Beweise für direkte Kontakte zwischen einigen NGOs und Schleppern. Das gelte aber nicht für die größeren Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen und Save the Children.

Save the Children forderte am Donnerstag ein Ende der pauschalen Vorwürfe. Würden die Hilfsorganisationen weiter unter Generalverdacht gestellt, nähre das ein "Klima des Misstrauens auf Kosten der Kinder, Frauen und Männer auf der Flucht". Derzeit befinden sich mindestens zehn NGOs im Mittelmeer vor Libyen, darunter Jugend Rettet, Sea Watch, Sea-Eye, Lifeboat, SOS Méditerranée und Mission Lifeline.

Minister warnt vor "übereilten Urteilen"

Innenminister Marco Minniti warnte vor pauschalen Vorwürfen gegen die Hilfsorganisationen. Die Regierung werde jedoch volle Transparenz bei der Aufklärung der Vorwürfe garantieren, sagte Minniti am Donnerstag. Man dürfe den Hinweis der sizilianischen Justizbehörden nicht unterschätzen, aber die Lage auch nicht "verallgemeinern".

Minniti warnte vor "übereilten Urteilen". Man müsse sich an die nüchternen Tatsachen halten. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft von Catania seien noch im Gange, auch die Verteidigungskommission des Senats ermittle und werde die Ergebnisse Mitte Mai vorstellen. Die Regierung sei ständig mit der EU-Grenzschutzbehörde Frontex in Verbindung, um die Migrationslage zu prüfen. Die Regierung habe Interesse daran, volle Transparenz zum Thema "Rettungen im Mittelmeer" zu garantieren. (APA, red, 27.4.2017)