Berlin – Die deutsche Regierung will nach dem Fall eines deutschen "Flüchtlings" mit möglichen Anschlagsplänen die Asylverfahren überprüfen. "Innenministerium und Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) werden jetzt jeden Stein umdrehen, um zu wissen, wie es dazu kommen konnte", kündigte ein Ministeriumssprecher am Freitag in Berlin an. Wenn Mängel gefunden würden, würden sie abgestellt.

Der deutsche Bundeswehroffizier Franco A. sei im November 2016 vom Bamf angehört und als Flüchtling anerkannt worden. Dies sei nicht in der Zeit der großen Flüchtlingswelle mit einer Überlastung der Behörden gewesen. "Es scheinen etablierte und zwingende Sicherheitsvorkehrungen, die allen Beteiligten bekannt sein müssen, nicht befolgt worden zu sein."

"Missbrauchspotenzial"

Als A. von den österreichischen Ermittlern nach der Festnahme auf dem Flughafen Wien befragt wurde, war nicht bekannt, dass dieser in Deutschland auch als Flüchtling registriert war. "Sonst hätte er nicht als freier Mann gehen können", sagte Friedrich Köhl, Sprecher der Korneuburger Staatsanwaltschaft am Freitag gegenüber der APA.

Weil der Mann eine geladene Waffe mit 7,65 mm Kaliber auf einem WC auf dem Flughafen versteckt hat, wird gegen den deutschen Oberleutnant ein Verfahren in Korneuburg geführt. Der 28-jährige Mann habe sich in der Vernehmung Anfang Februar nur als deutscher Staatsbürger zu erkennen gegeben.

Er habe angegeben, die Waffe "hinterlegt" zu haben, weil er heimfliegen und sie nicht mit an Bord eines Flugzeugs nehmen wollte. Für Köhl waren die Aussagen des Mannes "unglaubwürdig". Der Soldat, der keine Erlaubnis für die Waffe hatte, sagte laut Medienberichten auch, dass er die Walther PPK im Jänner in einem Gebüsch gefunden habe. Er habe sie abgeben wollen, allerdings darauf vergessen und sie deswegen versteckt.

Der Deutsche sei nach der Vernehmung dennoch wieder auf freiem Fuß gesetzt worden, sagte Köhl unter Hinweis auf den mit Deutschland geordneten Rechtshilfeverkehr. Die Waffe sei sichergestellt worden. Untersuchungshaft für einen Waffenfund sei unverhältnismäßig. Üblicherweise werde so eine Tat mit einer Geldstrafe geahndet, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Keine Anschlagsgefahr am Flughafen

Das Innenministerium erachtet die Sicherheitsmaßnahmen am Flughafen Wien trotz des Waffenfunds als ausreichend. Sie seien "im Einklang mit europäischen Standards", sagte Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck am Freitag auf Anfrage der APA. Dass ein Anschlag auf den Flughafen geplant gewesen sei, könne er "überhaupt nicht bestätigen".

Obstverkäufer aus Damaskus

Der deutsche Bundeswehrsoldat hatte sich Ende 2015/Anfang 2016 den deutschen Behörden als Obstverkäufer aus Damaskus ausgegeben und unter falschem Namen einen Asylantrag gestellt. Obwohl er Deutsch und Französisch sprach, aber kein Arabisch, wurde ein Asylverfahren eröffnet. Er erhielt danach subsidiären Schutz sowie Leistungen vom deutschen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.

Die deutsche Linkspartei warf den Behörden schwere Versäumnisse vor. Das Bamf habe "sträflich versagt", sagte der Linken-Abgeordnete Andre Hahn nach einer Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags am Freitag in Berlin nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa. Es sei unbegreiflich, wie der deutsche Soldat als Flüchtling anerkannt werden konnte. Hahn warf dem deutschen Geheimdienst Militärischer Abschirmdienst (MAD) zudem vor, viel zu spät gehandelt zu haben. Ohne den Fund seiner Pistole auf dem Wiener Flughafen wäre der 28-jährige Soldat nie aufgefallen.

Der in Frankreich stationierte Soldat sitzt in Frankfurt in Untersuchungshaft. Er soll, als Flüchtling getarnt, eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet haben. Die Ermittler gehen von einem fremdenfeindlichen Motiv aus. Konkrete Anschlagspläne sind bisher nicht bekannt. Auch ein 24-jähriger mutmaßlicher Komplize befindet sich in U-Haft.(APA, 28.4.2017)