Abseits aller Irrungen und Wirrungen mit Höschen und abgelehnten Gesprächsrunden habe ich vor kurzem eine großartige Autorin entdeckt, deren Schaffen in den 1920er-Jahren begann und mit der Machtergreifung des Nationalsozialismus einem jähen Abwürgen als entartete Kunst unterworfen wurde.

Mela Hartwig, deren Debütroman mit dem vielsagenden Titel "Das Weib ist ein Nichts" (eine böse Paraphrase auf Hebbels Satz "Das Weib ist ein Nichts, nur durch den Mann kann sie etwas werden") äußerst erfolgreich war, deren vielversprechender Beginn sich allerdings in ein bitteres, vergessenes Ende weiterentwickelte statt zu einem Höhenflug.

Deren Arbeiten Frauenfiguren das gaben, was die Literatur ihnen so oft verweigerte: die volle Aufmerksamkeit. Den Fokus auf ihre ganz eigene Lust, ihre Begierden, ihre Ängste und Verzweiflungen, und nicht auf das Bild einer Frau, die mit den Augen eines Mannes betrachtet wird, wie so oft innerhalb des Literaturkanons.

Hartwigs Frauen sind in einer Machstruktur der die Männer bevorzugenden Gesellschaft verfangen. Sie sind hysterisch, erotisch, wahnsinnig, berechnend, unscheinbar, naiv, manchmal sprachlos im wortwörtlichsten Sinne, manchmal verkrachte, mittelmäßige Existenzen, die sich titelgebend mit der Frage quälen: "Bin ich ein überflüssiger Mensch?"

Unter ihnen liefern sich Missbrauchsopfer ein Duell mit den missbräuchlichen Vätern, werden Hexen verbrannt, wird der erregte Taumel des ersten Kriegstags 1914 in Wien beschrieben, geben Stenotypistinnen letzte Hoffnungen auf ein gutes Leben auf, bringen sich Schauspielschülerinnen um, finden Revolutionen und Gewalt statt.

Mela Hartwig hat im Zsolnay-Verlag publiziert, bis sie 1933 mit dem Hinweis, die Lesegewohnheiten der deutschen Frau hätten sich verändert, vor die Tür gesetzt wurde. Nach der Flucht starb sie 1967 im Londoner Exil, ohne je ihre neuen Romane publiziert zu haben. Niemand bemühte sich um ihre Rückkehr.

Ein Schicksal, das viele Kunstschaffende jener Zeit mit ihr teilen, und ein Grund mehr, ihre im Droschl-Verlag neu aufgelegten Bücher zu empfehlen. (Julya Rabinowich, 29.4.2017)