Wien – In der Wiener SPÖ rumort es weiter. Dass sich die beiden zerstrittenen Parteiflügel auf dem Landesparteitag vergangenes Wochenende gegenseitig abgestraft haben, macht beide Seiten unglücklich. Am Dienstag erklärte Wiens SPÖ-Chef und Bürgermeister Michael Häupl vor Journalisten, er sei zwar "nicht sonderlich zufrieden" mit dem Ausgang des Parteitags, allerdings sei es auch "keine Katastrophe": "Natürlich hätte ich mir zehn Prozent mehr für alle Kandidaten gewünscht", sagte Häupl. Aber: "Wir haben schon schwierigere Zeiten überlebt und werden das auch überwinden."

Häupl selbst erreichte bei seiner Wiederwahl nur 77,4 Prozent. Das zeigt für Ex-Landesparteisekretär Christian Deutsch, dass es "mehr Unzufriedenheit" gibt, als Häupl dachte: "77 Prozent ist beachtlich, wenn man angekündigt hat, nicht mehr zu kandidieren, und es schon einen Fahrplan für die Übergabe der Nachfolge gibt", sagt der Wiener Gemeinderat dem STANDARD.

"Niemand beschädigt"

Häupl sieht durch die durchwegs schlechten Wahlergebnisse "niemanden beschädigt". Die Diskussion sei jedoch "schwierig", wenn sich mehr als 20 Prozent dem Ruf nach Einigkeit nicht anschließen. Er selbst wolle seinen Plan, die Partei zu einen, nun adaptieren. In welcher Form er das macht, ließ er bei der Saisoneröffnung an der Alten Donau aber noch offen: "Ich werde das meinen Freunden in der Partei bei der nächsten Vorstandssitzung erzählen." Diese wird voraussichtlich am 22. Mai stattfinden. Klar sei für Häupl jedoch, dass er nicht früher für einen Nachfolger Platz machen werde – er hatte vorab angekündigt, nach den kommenden Nationalratswahlen diese Frage zu klären. "Ich wüsste nicht, warum ich früher gehen sollte", sagte Häupl.

Wiens Bürgermeister Michael Häupl will nicht vorzeitig von der Kommandobrücke steigen.
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Es sei mit Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern vereinbart, dass er die SPÖ Wien in die Nationalratswahl führen werde: "Das ist auch der Grund, warum ich das mache." Mit einem früheren Wahltermin als 2018 rechnet Häupl weiterhin nicht.

Dass Häupl bis dahin wartet, ist für den SPÖ-Chef in Simmering, Harald Troch, nicht zufriedenstellend: "Wien wählt 2020, wenn die Nationalratswahlen wirklich erst im Herbst 2018 sind, gehen wir ins Jahr 2019, bis wir eine Nachfolge haben." Ein Jahr vor den Wien-Wahlen wäre zu spät, um sich aufzustellen. "Meine Sorge ist, dass die Zeitschiene für Wien nicht passt", sagte Troch dem STANDARD.

Die durchwegs schlechten Ergebnisse bei den internen Wahlen hätten sich für Troch abgezeichnet: "Das hat schon am Tag vorher begonnen." Bei der Konferenz der Wiener SPÖ-Frauen wurden zwei Vertreterinnen der Häupl-kritischen Bezirke abgestraft. Die Döblingerin Barbara Novak erhielt nur 64 Prozent, Ruth Becher aus der Donaustadt nur 69 Prozent bei der Wahl in den Vorstand der roten Frauenorganisation. "Das hat viele erbost. Beide machen ausgezeichnete Sachpolitik", sagte Troch.

Nach oben schwimmen

Troch, der am Landesparteitag als Beisitzer in den Vorstand gewählt wurde, hatte mit 65,0 Prozent das schwächste Wahlergebnis. "Wenn man sich in die Öffentlichkeit stellt, muss man mit Kritik umgehen können. Alle, die sich meinungsmäßig exponiert haben, sind abgestraft worden", reagiert er darauf. Er selbst würde dies nicht nur in der Personaldebatte tun, sondern auch inhaltlich. Die Zukunft würde aber eben diesen Politikern gehören und nicht jenen, die "ohne Meinung nach oben schwimmen". Letzten Endes würden nur Parteien überleben, "wo Menschen sich positionieren und Mut zeigen".

Ein Politiker mit Meinung sei Wohnbaustadtrat Michael Ludwig, dem nachgesagt wird, Ambitionen auf Häupls Nachfolge zu hegen. Troch sieht ihn, trotz des schlechten Ergebnisses von nur 67,8 Prozent bei seiner Wahl zu einem von fünf Stellvertretern Häupls, als Parteichef in spe. Die Streichungen Ludwigs würden an einer "Intrige" liegen: "Es wurde intern in bestimmten Gruppen die Losung ausgegeben, dass es die letzte Möglichkeit sei, Ludwig zu verhindern."

Nachfolge "intakt"

Auch Deutsch sieht "die Nachfolge Ludwigs intakt". Zwei Drittel hätten ihn in dem Wissen gewählt, "dass er der Kandidat dafür ist". Den Rest würde Ludwig noch überzeugen. Er werde "offen auf dieses Drittel zugehen" und die Partei wieder einen. Allerdings würden "Zeiten der Veränderung" auch immer "Turbulenzen" mit sich bringen.

Der interne Zwist stelle für den Wahlkampf laut Häupl jedenfalls kein Problem dar. Die Basis würde "selbstverständlich" dafür laufen, dass Kern im Amt bleibe. Dass die inhaltlichen Anträge auf dem Parteitag mit einer "großen Mehrheit angenommen" wurden, zeige zudem, dass die Partei "gar nicht so zerstritten" sei. Es gebe schlicht "unterschiedliche Vorstellungen, wer die Partei in die kommende Periode führen soll".

Für Troch habe die Diskussion zu den Anträgen am Landesparteitag hingegen gezeigt, dass "nicht viel passiert". Man hätte mehr über die zentralen Baustellen von Wien sprechen müssen – Integration und die soziale Frage. "Wir haben eine stundenlange Mediendebatte geführt, aber das, wofür die SPÖ da ist, wird nicht diskutiert." Die "Mission" der SPÖ sei, für sozial schlechter gestellte Menschen da zu sein.

Czernohorszky als Zukunftshoffnung

Als ein Nachfolgekandidat Häupls wird neben Ludwig und Umweltstadträtin Ulli Sima in roten Kreisen auch der Wiener Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky genannt.

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Auf die Frage des STANDARD, ob er für die Funktion des Bürgermeisters zur Verfügung stehen würde, sagte Czernohorszky am Rande des Parteitages: "Ich bin liebend gerne Bildungsstadtrat und das gerade erst einmal ein paar Wochen. Da habe ich noch einiges vor". (Oona Kroisleitner, Katrin Burgstaller, 2.5.2017)