Tschechiens Premier Bohuslav Sobotka hat mit seinem Rücktritt die Flucht nach vorn angetreten. Die Umfragewerte für seine Sozialdemokraten sind konstant schlecht, während sein liberal-populistischer Koalitionspartner Ano davonzieht – aus Sicht des Premiers keine gute Prognose vor der für Herbst geplanten Wahl.

Und doch handelt es sich bei Sobotkas Schritt nicht bloß um einen taktischen Winkelzug. Vielmehr treibt dieser damit einen jahrelangen Konflikt mit Ano-Chef Andrej Babis, dem er Unregelmäßigkeiten bei Geschäften vorwirft, auf die Spitze: Auf der einen Seite steht Sobotka, der Pragmatiker, der sich in der Nähe des sozialdemokratischen Mainstreams am wohlsten fühlt. Herausgefordert wird er vom Milliardär Babis, der immer noch von "den Politikern" spricht – ganz so, als ob er selbst keiner wäre.

Was in Prag über die Bühne geht, ist also auch eine weitere Runde im Match "Establishment" gegen Antipolitiker, das derzeit in so vielen Staaten geführt wird. Dabei wird auch ein Konstruktionsfehler der Regierung sichtbar: Sobotka muss sich den Vorwurf gefallen lassen, Babis trotz bekannter Vorbehalte als Mehrheitsbeschaffer an Bord geholt zu haben. Babis bleibt ihm nichts schuldig, wenn er sagt, dieser habe andere "sein Leben lang hintergangen". Ob Sobotkas Schritt nun taktisch schlau war, bleibt offen. Mehr Klarheit über sein Verhältnis zu Babis wird der bevorstehenden Wahlauseinandersetzung aber sicher nicht schaden. (Gerald Schubert, 2.5.2017)