Die aktuellen Raumanzüge, die Astronauten für Außenarbeiten an der ISS verwenden, heißen Extravehicular Mobility Units (EMU). Momentan stehen nur elf davon zur Verfügung.

Foto: Nasa

Washington – Der Nasa drohen die Raumanzüge für Außeneinsätze an der ISS auszugehen und neue sind noch eine ganze Weile nicht in Sicht: Das ist das Ergebnis einer Inventur der US-Raumfahrtbehörde, die vor wenigen Tagen veröffentlicht wurde. Zwar arbeitet die Nasa an mehreren Konzepten, die sich vor allem an den Anforderungen künftiger Missionen orientieren – darunter auch die angekündigte Reise zum Mars –, doch die dafür seit 2007 ausgegebenen rund 200 Millionen US-Dollar haben noch zu keinem Ergebnis geführt.

Jene Extravehicular Mobility Units (EMU) genannten Anzüge, die derzeit von der Besatzung der Internationalen Raumstation ISS für Außenarbeiten verwendet werden, waren vor etwa 40 Jahren entworfen worden. Damals war man davon ausgegangen, dass dieses Design höchstens 15 Jahre in Gebrauch sein würde. Mittlerweile ist der aktuelle Bestand der regelmäßig eingesetzten und in den letzten Jahren durch moderne Gadgets ergänzten Lebenserhaltungssysteme im All von 18 auf elf Stück geschrumpft.

Bis 2024 könnte es knapp werden

Einige dieser Anzüge musste man wegen Materialermüdung abschreiben, doch auch funktionstüchtige Raumanzüge gingen verloren. Den jüngsten Verlust erlitt die Nasa 2015, als eine Falcon-9-Rakete des Unternehmens SpaceX beim Start explodierte und dabei für die ISS bestimmte Ausrüstung zerstört wurde.

Der Beitrag der USA an der Internationalen Raumstation ist bis 2024 zwar zumindest finanziell gesichert, aber was das für die Anzüge heißt, ist ungewiss. "Die ISS-Besatzung bis 2024 mit den vorhandenen EMUs zu versorgen, dürfte sich als Herausforderung erweisen", meinen jedenfalls die Autoren in dem Bericht. "Noch schwieriger dürfte es werden, wenn die Station bis 2028 besetzt ist", heißt es weiter.

Drei Entwicklungsprogramme

In den vergangenen Jahren hat sich die Nasa bei der Entwicklung neuer Raumanzüge auf drei Programme konzentriert. Das Constellation Space Suit System hätte im Rahmen von Missionen des Constellation Programms eingesetzt werden sollen, doch dieses wurde 2010 gestrichen. Trotzdem finanzierte die Nasa die Arbeiten an dem Anzug für die folgenden Jahre und gab dabei insgesamt 135 Millionen US-Dollar aus.

Das aktuelle Advanced Space Suit Project zielt auf Anzüge ab, die den Astronauten mehr Bewegungsfreiheit gewähren. Sie sollten bei einer künftigen Reise zum Mars zum Einsatz kommen. Beim dritten Projekt, dem Orion Crew Survival System, handelt es sich um einen Spezialanzug, der Raumfahrer im Falle eines Unfalls noch vor dem Raketenstart vor Feuer, Rauch und giftigen Substanzen schützen soll.

Aus für den Constellation Space Suit

Die aktuelle Finanzsituation, so der Report, mache es äußerst unwahrscheinlich, dass nur einer dieser drei Anzüge vor 2024 für einen Test auf der ISS bereitsteht. Paul Martin, der Hauptautor der Bestandsaufnahme, schlägt der Nasa daher vor, das Constellation Space Suit System ein für alle mal zu streichen und neue Pläne für die Entwicklung und den Test von Raumanzügen der nächsten Generation für die ISS vorzulegen.

William Gerstenmaier, Leiter der Nasa-Abteilung Human Exploration and Operations, gibt dem Prüfbericht in den wesentlichen Punkten Recht, hält die Kritik bezüglich des Constellation Space Suit Systems allerdings für überzogen. Technologien, die dafür bereits entwickelt wurden, könnten die existierenden Anzüge durchaus gewinnbringend ergänzen. (red, 3.5.2017)