In den Produktionshallen von GE Jenbacher herrscht Hochbetrieb. Das Geschäft mit Gasmotoren boomt dank der Energiewende. Dort werden diese als Back-up-Systeme eingesetzt.

Foto: GE Jenbacher

Jenbach – Weltweit zählen mehr als 500 Fabriken zum General-Electric-Konzern (GE). Sieben davon hat das Unternehmen zu sogenannten Leitfabriken auserkoren. Und eines dieser Leuchtturmprojekte von GE steht im Tiroler Ort Jenbach, eine halbe Autostunde östlich von Innsbruck. Hier hat man sich auf die Herstellung hocheffizienter Gasmotoren für breite Anwendungen spezialisiert: vom klassischen Erdgas bis hin zum Deponie- oder Faulgas.

"Wir verstehen uns und unsere Produkte als Brücke zur grünen Energiezukunft", sagt Carlos Lange, Leiter des Geschäftsbereichs Distributed Power bei GE in Jenbach, dem STANDARD. Die Gasmotoren kommen zum Beispiel zur Absicherung von Wind- und Solarkraftwerken zum Einsatz. Aktuell etwa im Rahmen des größten Auftrages in der Firmengeschichte von GE Jenbacher. Die Stadtwerke Kiel haben 20 Stück J920 Flextra bestellt, mit zehn Megawatt Leistung die stärksten Gasmotoren aus Tirol. Sie weisen einen Gesamtwirkungsgrad von über 90 Prozent auf.

Die Gasmotoren sollen in Kiel, das stark von Windenergie abhängt, das bisher als Back-up verwendete Kohlekraftwerk ersetzen. Sollten die Windräder stillstehen, werden künftig die Jenbacher Gasmotoren die Stromversorgung in Kiel garantieren. Zugleich wird die Abwärme, die von den Motoren produziert wird, ins städtische Fernwärmenetz eingespeist. "Damit sinken die CO2-Emissionen um bis zu 70 Prozent", sagt Lange.

270 Millionen Euro Investition

Es war im Jahr 2003, als der US-Konzern das damals noch in Wien börsennotierte Traditionsunternehmen Jenbacher um kolportierte 190 Millionen Euro übernommen hat. "Seitdem haben wir am Standort Tirol mehr als 270 Millionen Euro investiert", sagt Lange.

Derzeit sind rund 1500 Mitarbeiter beschäftigt, was GE Jenbacher zu einem der größten Arbeitgeber Tirols macht. Jenbach wurde damit zur eingangs beschriebenen Leitfabrik im GE-Imperium. Genaue Umsatzzahlen gibt man nicht preis. Nur so viel: "Seit der Übernahme hat sich der Jahresumsatz versechsfacht."

Wichtigste Absatzmärkte sind Europa, wegen des Ausbaus erneuerbarer Energiequellen, sowie Nordamerika und Asien, insbesondere China. In den USA hat man keinerlei Bedenken wegen der Präsidentschaft Donald Trumps und dessen Haltung gegenüber erneuerbarer Energie. "Wenn er auf den Ausbau fossiler Energieträger setzt, können wir mit unseren Gasmotoren eine Lösung mit niedrigen Emissionen anbieten", sagt Lange.

Fachkräfte werden weniger

Der Standort Jenbach ist für den international agierenden Konzern kein Wettbewerbsnachteil, da auch die Konkurrenz vorwiegend in Europa und Nordamerika produziert. Nur die Verfügbarkeit von Fachkräften sei zuletzt zurückgegangen, sagt Lange: "Wenn sich dieser Trend fortsetzt, könnte es langfristig zu einem Engpass kommen."

Verbesserungen wünsche man sich seitens des Gesetzgebers in Sachen Schutz von geistigem Eigentum. Denn GE Jenbacher zählt zu den Innovationsführern in der heimischen Industrie und ist somit auch immer wieder Ziel von Industriespionage.

Seit dem 15. Jahrhundert wird am Standort Jenbach bereits Metall verarbeitet, damals noch durch die Fugger. Im 20. Jahrhundert wurde das Vorgängerunternehmen unter nationalsozialistischer Herrschaft arisiert. Der Besitzer, Friedrich Reitlinger, und seine Tochter verübten Selbstmord. Der Sohn Reitlingers bemühte sich nach dem Krieg vergeblich um eine Restituierung.

Aktuell ist man bei GE Jenbacher mit der Digitalisierung und Effizienzsteigerung bestehender Anlagen befasst. "Wir haben derzeit 35.000 Motoren in mehr als 150 Ländern im Einsatz", sagt Lange. Die Techniker in Jenbach haben digital Zugriff auf die Daten dieser Motoren, sodass bei Fehlern sofort reagiert werden kann. So soll der Wirkungsgrad gesteigert werden. "Schaffen wir nur zwei Prozent Steigerung, so bedeutet das eine Kraftstoffersparnis von rund einer Milliarde US-Dollar", führt Lange aus. (Steffen Arora, 8.5.2017)