Per USB-Stick lässt sich Windows 10S flott vorkonfigurieren.

Foto: Microsoft

Man wolle jedem auf der Welt ermöglichen, sich digital zu entfalten und zu lernen, egal ob auf einem High-End-Computer oder einem Diskont-Laptop. Das war die Botschaft, die Microsoft-CEO Satya Nadella und seine Mitarbeiter der Vorstellung von Windows 10S voranstellten.

Die Realität ist freilich etwa komplexer. In den USA sieht sich Microsoft zunehmend in einen Verdrängungswettbewerb mit Google verwickelt, dessen ressourcenschonendes, auf Web-Apps aufbauendes Betriebssystem Chrome OS in Kombination mit günstiger Hardware im Bildungssektor immer erfolgreicher wird. Dem stellt Microsoft nun eine neue Windows-Variante entgegen. Doch wie unterscheidet sich Windows 10S von Windows 10?

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Windows 10 Pro als Basis

Wichtig zu wissen ist, dass Microsoft Windows 10S auf Basis von Windows 10 Pro und nicht Windows 10 Home entwickelt hat. Das bedeutet, dass das System über einige Features verfügt, die es in Windows 10 Home nicht gibt. Das wären beispielsweise Verschlüsselung per Bitlocker oder für Schulen und andere Einrichtungen nützliche Businessfeatures wie das Azure Active Directory oder Mobile Device Management.

Verzichten muss man allerdings auf Hyper-V und das Linux-Subsystem. Eine vollständige Liste der Pro-Funktionen existiert bis dato nicht.

Konfiguration per USB-Stick, schnellerer Start

Die Einrichtung von Windows 10S auf mehreren Geräten will man erleichtern. Man kann einfach einen USB-Stick mit einer selbst gewählten Konfiguration erstellen und damit einheitliche Voraussetzungen schaffen – was beispielsweise für Schulgeräte wichtig ist. Der Vorgang soll pro Gerät nur etwa 30 Sekunden dauern.

Microsoft verspricht, dass Windows 10S mit konsistent guter Performance glänzen soll. Egal auf welchem Rechner – das System soll nach dem Einschalten binnen 15 Sekunden einsatzbereit sein. Auch bessere Akkulaufzeit und erhöhte Sicherheit werden angepriesen.

Software nur aus dem Store

Ein zentraler Hebel zur Umsetzung dieser Versprechen ist die strikte Anbindung von Windows 10S an Microsofts eigenen App-Store. Software aus anderen Quellen lässt sich nicht ausführen oder installieren, beim Versuch blendet das System einen entsprechenden Hinweis ein. Dabei versucht es zu erkennen, welche Art von Programm man starten wollte, und schlägt gegebenenfalls Alternativen aus dem Store vor.

Apps, die über den Windows Store ausgeliefert werden, müssen in technischer Hinsicht einige Richtlinien einhalten. Dazu werden eingelistete Programme auch auf Malware geprüft. Der Argumentation von Microsoft folgend, ist es vor allem die Installation von diverser Store-fremder Software, die Windows ausbremst.

Market Reaction

Das lässt sich auch durchaus als Schritt interpretieren, mit dem man dem bislang mäßig erfolgreichen Windows Store mehr Leben einhauchen möchte. Das ganz große Interesse der Entwickler an der Universal Windows Platform hat – auch wegen des Schiffbruchs von Windows Phone beziehungsweise Windows 10 Mobile – bisher auf sich warten lassen.

Edge als fixer Standardbrowser

Gleichzeitig nutzt Microsoft Windows 10S auch, um andere Dienste zu pushen. Als Standardbrowser ist Edge vorinstalliert, der Websuchen wiederum mit Bing durchführt. Wer mag, kann andere Browser – sofern im Store verfügbar – installieren. Die Standardeinstellung lässt sich allerdings nicht ändern.

Selbst wenn ein alternatives Surftool vorhanden ist, öffnet Windows 10S Links in E-Mails oder anderen Programmen stets in Edge. Auch eine Änderung der voreingestellten Suchmaschine in Edge wird von Microsoft blockiert. Wer etwa auf Google ausweichen möchte, muss dafür zuerst auch die Google-Homepage aufrufen.

Windows RT 2.0?

Während Microsoft selbst Windows 10S als eine Reduktion auf "die Seele von Windows" sieht, ist in den Medien (etwa bei The Verge und Forbes) mittlerweile eine Debatte darüber entbrannt, ob es sich bei dem System nicht um eine Art "Windows RT 2.0" handelt. Windows RT war eine Umsetzung von Windows 8 für Tablets mit mobiler Hardware (ARM). Es sah aus wie Windows 8, verstand sich allerdings nur mit speziell für das System umgesetzten Apps aus dem Store, litt unter einer Reihe weiterer Einschränkungen und floppte letztlich auf ganzer Linie.

Foto: Microsoft

Die Beschränkungen von Windows 10S sind freilich weniger umfassend, und das Softwareangebot ist deutlich größer. Es bleibt abzuwarten, ob Schulen, Universitäten und Studenten dem Konzept etwas abgewinnen können. Der Startpreis für Endkundengeräte liegt zu Beginn bei 190 Dollar und damit auf dem Niveau der Chromebooks.

Wer zwar günstige Hardware, aber keine Einschränkungen möchte, kann sich immerhin freikaufen. Für 50 Dollar ermöglicht Microsoft ein Upgrade von Windows 10S auf Windows 10 Pro. Wer sich den schönen neuen Surface Laptop holt, kann bis Jahresende sogar kostenlos umsteigen. (gpi, 4.5.2017)