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Teilnehmerinnen der W20-Konferenz in Berlin Ende April zur Stärkung von Frauen in der Arbeitswelt, in der es für eigne wenige ja schon ganz gut läuft. Auch Ivanka Trump (links) war da.

Foto: AP/Michael Sohn

Warum denn immer links, fragte sich Claudia Gamon, Nationalratsabgeordnete der Neos, angesichts eines Pressetermins zum neuen Frauenvolksbegehren, in dem unter anderem Forderungen wie Arbeitszeitverkürzung gestellt wurden.

Auch die "NZZ am Sonntag" fragte kürzlich die mittlerweile zur Star-Feministin avancierte Laurie Penny: "Muss denn eine Feministin immer links sein?". Diese Frage wird der – explizit linken – Feministin in vielen Interviews gestellt, und sie beantwortete sie zuletzt so: "Es gibt natürlich auch Feministinnen rechter Parteien. Ich halte sie einfach nicht für besonders nützlich."

Deutlicher wurde da schon die feministische Plattform 20000frauen in ihrer Antwort an Gamon:

Ist es also gar keiner? Bring er nichts? Und wie würde so ein nicht-linker Feminismus eigentlich aussehen? Einen kleinen Einblick dazu liefert Gamons Parteikollegin Anna Vetter, die einen Blogeintrag mit dem Titel "Mein Feminismus ist nicht links" verfasst hat, zu dem sie ebenso das neue Frauenvolksbegehren veranlasst hat. Wie schon so oft, würde ein "gewaltiges Mehr an Sozialstaat und Verboten" verlangt werden, Forderungen, die sie als Feministin mit ihren Belangen ausschließen würden.

Wie sehen die Forderungen also aus, die eine Feministin liberaler Provenienz stellt? Teilhabe an voller Erwerbstätigkeit zum Beispiel, sie würde, ist Vetter überzeugt, Geschlechterstereotypen entgegenwirken. Ansonsten schreibt sie von bekannten Problemen, wie etwa die rigide Geschlechtertrennung in den Spielzeugregalen. Bei konkreten Lösungsansätzen hapert es aber. Mit Verboten gehe jedenfalls nichts. Wider die Verbotskultur, das schreiben sich Konservative und Liberale gerade bei gesellschaftspolitischen Themen wie Sexismus gern auf die Fahnen, während insbesondere die ÖVP ganz nebenbei an Verbote abseits ihrer präferierten Lebensmodelle festhält – sei es bei den Rechten für Lesben und Schwule oder einer progressiven Sexualpädagogik.

Freie Hand für Unternehmen

Doch wenn es um das Treiben von Unternehmen geht, wird völlig freie Hand gefordert – gerade so, als ob sie den Arbeitsmarkt und unser Alltagsleben nicht beeinflussen würden. Zwar ist Liberalen wie Konservativen klar, dass sich Geschlechterstereotypen auf Mädchen und Buben auswirken, doch ein Verbot für Marketingstrategien, die Stereotypen fördern? Das könne "kein ernst gemeinter Weg" sein, meint Vetter. Plausible Begründung dafür gibt es keine. Unternehmen haben eine gesellschaftspolitische Verantwortung und manche treten sie bewusst mit Füßen. Warum also nicht sanktionieren? Weil wir in Vergangenheit gesehen haben, dass der ewige Hinweis auf Selbstregulierung Kampagnen wie etwa jene von Palmers verhindern? Mitnichten.

Und wo liegen überhaupt die Grenzen von Marketingstrategien, die wir anscheinend akzeptieren müssen. Ist es bei Schwulen- und Lesbenfeindlichen oder antisemitischen Werbestrategien auch lächerlich, sie zu verbieten?

Wenn Selbstregulierung, volle Erwerbstätigkeit oder Arbeitszeitflexibilisierungen die Gegenvorschläge von liberaler Seite sind, muss man in Anlehnung an Laurie Penny wirklich sagen: So wird das nichts. Wer meint, es genüge, ein wenig hier und ein wenig dort an den Schrauben zu drehen, verkennt die enormen frauen- aber auch sozialpolitischen Probleme, vor denen wir stehen.

Ivanka Trump, der Gipfel des Elitefeminismus

Viele Feministinnen, nennen wir sie halt linke, glauben nicht daran, dass Gleichberechtigung innerhalb eines Systems möglich ist, das strukturell benachteiligt. Genau daran spießt es sich: Liberale und Konservative wollen einen Feminismus, der sich in vorgefertigte Strukturen einpasst. Strukturen, die wenig überraschend von jenen verteidigt werden, die davon profitieren – und das sind freilich auch Frauen. Der Gipfel dieses Elitenfeminismus ist eine Ivanka Trump, die für andere Frauen Ratgeber schreibt, wie auch sie es schaffen Karriere, Kinder, Ehe und Beauty unter einen Hut zu bringen. Vorausgesetzt Sie verfügen über ein fettes Erbe – doch das bleibt natürlich unerwähnt.

Angesicht der von der Politik völlig ignorierten Erkenntnisse der Sozial- oder auch Wirtschaftswissenschaften ist das an Zynismus kaum mehr zu überbieten: Mit Arbeit allein kann sich kein Mensch mehr eine Eigentumswohnung oder Haus ansparen, höhere Bildung erhalten vorwiegend jene, deren Eltern schon in den Genuss weiterführenden Schulen und Studium gekommen sind – und das sind erst die Vorteile qua sozialem Hintergrund. Hinzu kommen noch jene qua Geschlecht: Mehr Einkommen, mehr Pension, niedrigere Armutsgefährdung, weniger unentgeltliche Arbeit.

Verträumt und realitätsfern?

Feministinnen linken Backgrounds machen keinen Hehl daraus, dass es radikale Veränderungen braucht. Der Arbeitsmarkt müsse umgekrempelt werden, die Frage der Care Arbeit völlig neu angegangen und es müsse endlich aufhören, dass sich Frauen und auch Männer am Ideal der Kleinfamilie abrackern.

Verträumt und Fern ab von jeglicher Realität? Das mag sein. Doch genau darin liegt ja die Forderung. Die Ansicht, dass man mit braver Anpassung an die herrschenden Verhältnisse für systematisch Benachteiligte auch nur irgendeinen Blumentopf gewinnt, ist in Wahrheit bei weitem verträumter. (Beate Hausbichler, 4.5.2017)