Rainer Graf ist Direktor am Schulzentrum Ybbs.

Foto: Ferry Nielsen

Wien – Direktor Rainer Graf war anfangs mit Skepsis von einigen Lehrern konfrontiert. "Da hat es schon Widerstand gegeben", erzählt er. Seit zwei Jahren läuft im Schulzentrum Ybbs ein Schulversuch, wonach Schüler zwanzig Prozent der Unterrichtszeit individuell gestalten können. Dafür dauern die ersten sechs Unterrichtseinheiten pro Tag nur vierzig Minuten statt fünfzig. Obwohl die Bezahlung gleich blieb, waren nicht alle Lehrer davon begeistert. Nun würden aber alle einen Mehrwert im neuen System sehen, sagt Graf.

Seine Schule ist eine jener, die Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) ab Herbst zu "Leuchtturmschulen" machen will. Die Bildungsreform sieht vor, die Schulstandorte erst nach und nach autonom arbeiten zu lassen. Das Schulzentrum Ybbs soll als Vorzeigemodell starten.

Zwei Schulen, ein Direktor

Abgesehen von den frei wählbaren Kursen, die von den Lehrern angeboten und von den Schülern gewählt werden, setzt das Schulzentrum Ybbs noch etwas bereits jetzt um, was Hammerschmid für die Zukunft vorschwebt: Handelsakademie/Handelsschule und Höhere Technische Lehranstalt haben nur Graf als Direktor. Sie bilden also einen "Cluster", wie das Bildungsministerium diese Kooperation künftig nennen will. Bis zu acht Schulen und 2.500 Schüler sollen von einem Direktor geleitet werden.

Das Schulzentrum Ybbs besuchen 600 Schüler. Durch die Kooperation ergäben sich "enorme Synergieeffekte", sagt Graf. Die Lehrer würden an beiden Schulen unterrichten und sich gegenseitig bereichern. Auch Infrastruktur wie das Medienlabor könne gemeinsam genutzt werden.

Mit der Bildungsreform will Hammerschmid auch die Klassenschülerhöchstzahl von 25 aufheben. Die Lehrergewerkschaft läuft dagegen Sturm. Graf dazu: "Veränderung wird immer mit Ängsten und Sorgen begleitet." Für ihn ist jedenfalls klar, dass manche Inhalte wie etwa in Rechnungswesen auch vor 70 Schülern gelehrt werden können, wenn dafür andere Inhalte in Kleingruppen unterrichtet werden können. "Das passiert ja auf der Uni auch." Natürlich sei dafür nicht jeder Lehrer geeignet, hier müsse man als Direktor "sensibel sein und schauen: Wem traue ich das zu." Welche Inhalte in Großgruppen unterrichtet werden sollen, müsse man als Schulleiter mit dem Kollegium gemeinsam entscheiden.

Gewerkschaft weiter gegen Reform

Paul Kimberger, Chefverhandler der Lehrergewerkschaft für das Autonomiepaket, sieht das alles ganz anders. "Ich kenne niemanden, der sagt, es ist besser, in größeren Gruppen zu unterrichten", sagt er und bleibt dabei: Damit die Gewerkschaft der Reform zustimmt, muss die Klassenschülerhöchstzahl bleiben. Am Montag gibt es einen Gesprächstermin mit der Lehrergewerkschaft und dem Bildungsministerium. (Lisa Kogelnik, 5.5.2017)