Nicht jeder, dem rosa Tüll gut steht, darf auch zur Flasche greifen: Diese Rampendamen wissen, was sich nicht gehört.

Foto: Anja Köhler

Bregenz – Nach frauenbewegten Aufbrüchen und postfeministischen Experimenten mit Friede, Freude, Genderkuchen herrscht Katerstimmung im kippenden Wohlstand. Dabei recken die Schauspielerinnen in Und jetzt: Die Welt! am Landestheater Bregenz an der Rampe so oft die Wodkaflasche in die Höh'!

Dem 2013 in Berlin uraufgeführten Stück ließ Berg 2015 die Fortsetzung Und dann kam Mirna folgen, in Bregenz hängt man die beiden Ansprachen hintereinander. Die Autorin schrieb den ersten Text "für eine Person und mehrere Stimmen. Oder anders", den zweiten "für ca. zwei DarstellerInnen oder eine hochgradig gespaltene Persönlichkeit". Regisseurin Nele Weber und Dramaturgin Britta Kampert wählten für den ersten Teil vier, für den zweiten fünf Spielerinnen.

Und voilà ist man Mum

Den Übergang zwischen den Stücken löst man mit Witz: Mit dem geknüllten Tüll wischen Stefanie Rösner, Bo-Phyllis Strube und Yanna Rüger schwungvoll durch bunte Seidenpapierln, die sie in die Luft geschossen haben (Bühne: Elisabeth Weiß). Alexandra Maria Nutz, ganz schön Girlie, dröhnt mit dem Laubbläser durch die Partie. Die Röcke kommen unters Shirt, und das Babybauchfutter wandert ein, zwei Dezimeter weiter: Et voilà, mittlerweile ist man Mum.

Packen ist angesagt, zwecks gemeinsamer Übersiedlung – plus Nachwuchs, nach wie vor ohne Partner. Tochter Mirna hat das Timing im Blick. Sporttaschen werden einander zugeworfen, das Sich-Zusammentun entpuppt sich als heiße Kartoffel. Zu viel Energie rauben die individuellen Versuche, auch in der Mutterschaft nicht einzu(k)nicken.

Gequatscht ohne innere Notwendigkeit

Der zweite Teil des Abends hievt den ersten überzeugend aus dem Desaster. Letzteres rührt aus der Unschärfe der Verteilung der Stimmen auf vier Rollen und aus dem wesentlichen, entschärfenden Eingriff: Bergs Monolog wendet sich an einen Menschen, männlich, den die Sprecherin im Keller in ihrer Gewalt hat. Diesen Paul hat Bregenz nicht. Gereimt, gesungen und gequatscht wird ohne innere Notwendigkeit, ins Publikum hinunter. Da trudeln die Sager ein wie die zig SMS und Mails, man erlebt die Twens chatten und skypen. Kleine Modulationen wecken Interesse, lassen aufhorchen, etwa wenn "Eins a bipolar – bipolar – bipolar" skandiert wird wie im Cheerleader-Chant.

Die meiste Zeit aber lässt die Regie die Stimmen samt zugedachten Handlungen im Regen stehen. So geht's Richtung Kabarett, und der ein oder andere im Publikum amüsiert sich onkelhaft über die Diskurs-Tussis. Wenn der vom armen Paul wüsste. (Petra Nachbaur, 7.5.2017)