Knapp zwei Jahrzehnte nach seinem Erscheinen begeistert "Starcraft" in Südkorea immer noch die Massen.

Foto: Blizzard

Nach dem unrühmlichen und vorzeitigen Ende der Amtszeit von Park Geun-hye – die Politikerin schlitterte in einen Korruptionsskandal – sucht Südkorea heute eine neue Präsidentin oder einen neuen Präsidenten. Fünf Kandidaten bewerben sich um die Staatsspitze. Zwei davon setzten in ihrem Wahlkampf auch auf Videospiele.

Einer von ihnen ist Moon Jae-in von der "Vereinigten Demokratischen" Partei. Es ist seit zweiter Antritt nach seiner erfolglosen Kandidatur 2012. Der Sohn eines Nordkorea-Flüchtlings, der zuvor als Menschenrechtsanwalt tätig war, liegt laut ersten Zahlen nach Wahlschluss klar vor seinen Mitbewerbern.

Gratis-Maps für "Starcraft"

Zur Wahlwerbung griff er auf "Starcraft" zurück. Sein Kampagnenteam hat zwei Maps für den mittlerweile kostenlos erhältlichen Strategieklassiker veröffentlicht. Die Karten heißen, in Anlehnung an seinen Namen, "Moonsters". Auf einer der beiden Areale sind die mineralischen Kristalle, eine der beiden Kernressourcen des Spiels, so angeordnet, dass Moons Name auf der Minimap ablesbar ist. Ob die Wahlkampf-Maps von besonderem spielerischem Wert sind, steht allerdings in Frage.

Dass der Politiker sich "Starcraft" als digitales Vehikel ausgesucht hat, ist freilich kein Zufall. In Südkorea genießt E-Sport schon lange hohen Stellenwert. Das futuristische Echtzeitstrategiespiel von Blizzard erfreut sich dabei seit seinem Erscheinen extremer Popularität, auch der erste Teil, der 1998 erschienen ist, ist nach wie vor beliebt.

Auftritt der Finalisten der OnGame Net Star League (OSL) 2010. Schon damals wurde der Bewerb im Fernsehen übertragen, die letzte Runde wurde in einem Flugzeughangar ausgetragen.
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"Best of" im "Overwatch"-Stil

Ebenfalls von Blizzard stammt der flotte Online-Shooter "Overwatch". Erst vergangenes Jahr auf den Markt gekommen, soll das Spiel mittlerweile über 30 Millionen Teilnehmer angelockt und eine Milliarde Dollar an Umsatz generiert haben. Auch in der koreanischen E-Sports-Szene hat sich der Titel erfolgreich etabliert.

Am Ende jeder Schlacht wird Teilnehmern ein kurzer Zusammenschnitt der bedeutendsten Leistungen präsentiert, genannt "Play of the Game". Dabei geht es etwa um punkteträchtige Multikills oder spektakuläre Schüsse.

심상정 공식 유튜브

Nach diesem Vorbild und verziert mit Menüelementen aus "Overwatch" hat die Präsidentschaftskandidatin Sim Sang-jung von der "Gerechtigkeitspartei" ein Video produzieren lassen. Dieses zeigt Statements von ihr in Diskussionen mit Konkurrenten, in welchen sie diese nach eigener Einschätzung rhetorisch bezwingt.

Dass diese Maßnahme ihr ins "Blaue Haus", dem offiziellen Sitz des südkoreanischen Präsidenten, verhilft, ist allerdings anzuzweifeln. Sie kam schon bei einer Umfrage von Gallup Korea im April auf nur drei Prozent Stimmenanteil und lag auch in den ersten Exit-Polls weit zurück.

Entscheidung in einem Wahlgang

Während bei österreichischen Präsidentschaftswahlen beim Antreten von mehr als zwei Kandidaten eine Stichwahl vorgesehen ist, sofern keiner der Antretenden eine absolute Mehrheit erreicht, ist dies in Südkorea nicht der Fall. Hier steht der Sieger oder die Siegerin bereits nach einem Wahlgang fest, auch bei einem Stimmanteil von unter 50 Prozent. (gpi, 09.05.2017)

Update, 14:00 Uhr: Erste Zahlen zum Wahlausgang in Südkorea liegen vor, der Artikel wurde entsprechend angepasst.