Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (links) im Gespräch mit dem deutschen Außenminister Sigmar Gabriel.

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Die Reaktion Deutschlands nach Macrons Wahlsieg.

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Joelle Stolz, die ehemalige Korrespondentin der Tageszeitung "Le Monde" sagt im ORF, dass es eine Herausforderung für Emmanuel Macron wird, die Wogen in Frankreich zu glätten.

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In fünf Wochen wählt Frankreich sein Parlament, Macron hat noch gar keine richtige Partei – hat er da überhaupt eine realistische Chance, eine Regierungsmehrheit zustande zu bringen? ORF-Korrespondentin Eva Twaroch analysiert.

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Für Europa, aber kritisch gegenüber der EU – so schätzt Politologin Ulrike Guerot, Professorin für Europapolitik an der Donau-Uni in Krems, die Haltung des neuen Französischen Präsidenten ein.

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Seit Sonntag buhlen in deutschen Medien die Ergebnisse der Landtagswahl in Schleswig-Holstein und der Präsidentschaftswahl in Frankreich um mediale Aufmerksamkeit. Trotz der überraschenden Entscheidung im hohen Norden, die eine Woche vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen und viereinhalb Monate vor der Bundestagswahl längst nicht nur von regionaler Bedeutung ist, schielt man dabei mehr nach Paris als nach Kiel.

In Berlin war – wie in den meisten anderen europäischen Hauptstädten – die Erleichterung über den Sieg Emmanuel Macrons groß. Er sei "ein Sieg für ein starkes Europa und für die deutsch-französische Freundschaft", ließ Bundeskanzlerin Angela Merkel noch am Wahlabend ausrichten. Das passt genau in jenes Bild, das positive Beziehungen zwischen beiden Ländern stets auch als Motor der europäischen Integration präsentiert hat.

Debatte über Umgang mit Macron

Doch kaum war klar, dass Macron mit seinem dezidiert proeuropäischen Wahlkampf erfolgreich war und in den Élysée-Palast einziehen wird, begann in Deutschland eine Debatte über den künftigen Umgang mit ihm. Fast zwei Drittel der Stimmen, so die Überlegung, seien zwar ein deutliches Votum gegen Abschottung und Angstmacherei. Doch auch das Potenzial von Macrons Gegenkandidatin, der rechtsextremen Marine Le Pen, die immerhin das dritte Drittel von sich überzeugen konnte, dürfe man nicht unterschätzen.

Mit Blick auf nötige Investitionen, die die Konjunktur ankurbeln und enttäuschten Wählern eine Perspektive geben könnten, forderte der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel deshalb eine weichere Finanzpolitik gegenüber Frankreich, um Macron den Rücken zu stärken. "Es muss aufhören, dass wir den Franzosen ständig mit erhobenem Zeigefinger gegenübertreten, nichts mitmachen und sie um jeden Millimeter Flexibilität in der Politik betteln lassen", sagte der Sozialdemokrat der ARD.

Nicht nur Frage des Geldes

Gabriel nahm auch Macrons Vorschlag eines gemeinsamen Budgets der Euro-Gruppe auf und will dort mehr Geld für Wachstum und Innovation zur Verfügung stellen. Damit kritisierte er indirekt die Haltung von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der häufig andere Länder zu mehr Budgetdisziplin auffordert: "Wir müssen aufhören, so zu tun, als seien wir die Lastesel der EU", erklärte Gabriel, "wir sind die großen finanzpolitischen und wirtschaftspolitischen Gewinner."

Am Montag schaltete sich Angela Merkel in die Debatte ein und erklärte, Macron bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit helfen zu wollen. Sie glaube aber, dass es dabei "um sehr viel mehr geht als um die Frage, wie viel Geld ich für öffentliche Investitionen habe." Macron habe selbst betont, dass es in Frankreich vieler Reformen bedürfe. Die CDU-Chefin zeigte sich überzeugt, dass sie mit Macron gut zusammenarbeiten werde.

Das Thema war auch bereits am Sonntag in der ARD-Debatte Anne Will umstritten. Die Politologin Gesine Schwan, einst SPD-Präsidentschaftskandidatin, warf Schäuble vor, durch einen nicht gewählten Europäischen Währungsfonds die Haushalte anderer Länder kontrollieren zu wollen. Deutschland müsse stattdessen seine "strukturellen Vorteile" solidarisch teilen und Macron unterstützen. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) forderte daraufhin, deutsche Leistungen "nicht runterzureden". (Gerald Schubert, 9.5.2017)