Billiganbieter setzen Baufirmen unter Druck.

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Wien – Der Vorstoß der SPÖ, auf eine härtere Gangart gegen osteuropäische Bauunternehmen zu setzen, die in Österreich von Steuervorteilen profitieren, findet unter Unternehmensverbänden Anklang. Das Doppelbesteuerungsabkommen mit Ungarn aufzukündigen und neu zu verhandeln "würde die Probleme nicht lösen, aber die Situation verbessern", sagt Josef Witke von der Wirtschaftskammer Wien. Auch im ÖVP-Wirtschaftsbund teilt man diese Ansicht, heißt es auf STANDARD-Anfrage.

Wie berichtet hatte SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter gefordert, das Steuerabkommen mit Ungarn zu kündigen. Der Grund: Darin ist vorgesehen, dass ungarische Bauunternehmen zwei Jahre nach Österreich hineinarbeiten können, ehe hier die Körperschaftsteuer (KÖSt) anfällt. Ungarische Firmen müssen für diese Zeit nur die ungarische KÖSt bezahlen. Diese ist mit Jahresbeginn auf neun Prozent gesenkt worden. In Österreich werden Unternehmensgewinne mit 25 Prozent erfasst.

In den meisten Steuerabkommen ist vorgesehen, dass Baufirmen die Steuer in Österreich nach einem Jahr bezahlen müssen. In einigen der Abkommen liegt die Frist bei nur sechs Monaten. Der Chef der Gewerkschaf Bau-Holz, Josef Muchitsch, fordert alle Steuerabkommen neu zu verhandeln, in denen eine längere Frist als sechs Monate vorgesehen ist. Das würde auch die Verträge mit der Slowakei und Tschechien treffen. "Sonst dreht der Finanzminister (Hans Jörg Schelling, Anm.) jeden Euro zweimal um. Es ist an der Zeit, dass er tätig wird."

Gleiche Bedingungen

Gewerkschafter wie Unternehmer drängen die Regierung dazu, für annähernd gleiche Wettbewerbsbedingungen zu sorgen. Das Problem ist bei Entsendeunternehmen virulent, die Mitarbeiter nach Österreich schicken. Die Arbeitnehmer bleiben in ihren Heimatländern sozialversichert. In vielen Fällen sollen die Löhne entgegen dem Gesetz unter Kollektivvertragsniveau liegen.

Witke, der die Elektro- und Gebäudetechniker vertritt, berichtet davon, dass immer mehr österreichische Baufirmen wegen der billigeren Konkurrenten aus dem Osten unter Druck sind. Das Problem existiere inzwischen nicht nur in Ostösterreich, sondern selbst in Tirol. Er fordert mehr Kontrollen und die effektive Bestrafung von Firmen, die Lohndumping betreiben. Gewerkschafter Muchitsch verlangt zudem administrative Maßnahmen ("mehr Papierkram"), um Entsendebetriebe zu bremsen.

Kritik an den niedrigen Steuersätzen in Ungarn kommt auch von Kanzler Christian Kern. "Wir sehen, dass Ungarn Nettoempfänger (von EU-Förderungen, Anm.) ist, rund sieben Milliarden Euro bekommt und mit diesem Geld die Körperschaftsteuer senkt", sagte Kern im Ö1-Morgenjournal. Österreichische Unternehmen würden möglicherweise nach Ungarn abwandern – und Österreich finanziere dies auch noch als EU-Nettobeitragszahler. Die drastische KÖSt-Senkung in Ungarn wird auch bei Wirtschaftskammer und Wirtschaftsbund als Problem gesehen. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. (András Szigetvari, 9.5.2017)