Wien – Für alle, die es noch nicht wussten, hier gerne noch einmal: König Artus war, vor der Sache mit dem Schwert, dem Stein und der Tafelrunde, ein räudiges Straßenkind, aufgewachsen in einem Bordell in London. Oder Londinium, wie man die stinkende Stadt an der Themse früher nannte, als sie von den Schergen eines Despoten tyrannisiert wurde. Vortigern, so dessen Name, war vielleicht nicht der schlimmste, sicher aber der lässigste Herrscher, den man sich auf Camelot vorstellen kann.

Dieser Mann ist der falsche auf dem Thron: Jude Law residiert auf Camelot zum Privatvergnügen.
Foto: Warner

Denn niemand konnte auf einem Thron so herumlungern wie er, gelangweilt von der Macht und gierig auf sie zugleich. Mit verächtlichen Augen für das schwache Volk und mit ängstlichen vor dem starken Mann. Denn er wusste genau, dass der ungekrönte Sohn des von ihm ermordeten Herrschers Uther Pendragon als neuer König zurückkehren und ihn von seinem Lieblingsplatz stoßen würde. Und Artus sollte diesem Herodes zeigen, was es heißt, ein Kindheitstrauma zu überwinden.

Der britische Filmregisseur John Boorman meinte einmal, dass es in den Vereinigten Staaten kein ausreichend vorhandenes Bewusstsein für Geschichte gebe. Dass es einem als Filmemacher aber gut anstünde, über die Herkunft der Bilder und – falls nötig – Mythen Bescheid zu wissen. Boorman kehrte von Hollywood nach England zurück und drehte Excalibur, basierend auf der Artuslegende und dem Roman von Thomas Malory. Eine wilde Halluzination, in der die Ritter der Tafelrunde auf ihrer ewigen Suche dahinstolpern und bis auf Parzival ihr Ende finden. Es wurde einer der erfolgreichsten historischen Fantasyfilme der 1980er-Jahre, dessen Einfluss über The Lord of the Rings hinweg anhalten sollte.

Schwarz auf Weiß

Vermutlich dachte man sich beim US-Studio Warner, Hollywoods erster Adresse für Historienspektakel, dass es eine gute Idee sei, den Artusstoff in britische Hände zu legen und ihn somit dort zu belassen, wo er hingehört. Nur ohne melancholisch-tragische Schwere, wie sie etwa auf den Schultern von Clive Owen in King Arthur (2004) lastete. Also engagierte man Guy Ritchie als Regisseur, der wiederum seinen Landsleuten Jude Law und Charlie Hunnam erklärte, was sie als Usurpator und rechtmäßiger König am Set zu suchen hätten.

Guy Ritchie ist aber nicht nur Brite, sondern auch Werbe- und Musikfilmregisseur, mithin einer, der sich nicht lange mit dem Mythos aufhält, sondern ihn als humorige Gelegenheit beim Schopf packt. Distinktionsgewinn statt Deutungshoheit.

Warner Bros. Pictures

Nach der Palastrevolte gegen Artus' Vater (Eric Bana), bei der dieser Schwert und Stein für Unbefugte untrennbar miteinander verschmelzen lässt, geht es unter Trommelwirbel im Schnelldurchlauf voran: Während Vortigern sich mit seinen Schwarzmänteln auf Camelot verschanzt und sich dämonischen Kräften unterwirft, erwächst ihm in Artus ein Gegner im weißen Janker, der dem Volk aufs Maul schaut und wie dieses spricht. Im schnoddrigen Cockney liefern sich Artus und seine anwachsende Boygroup rapartige Wortgefechte, während die Muskeln von asiatischer Kampflehre profitieren.

Wovon King Arthur: Legend of the Sword dennoch erzählen möchte, ist die Akzeptanz der Bestimmung, die mit jener der Bürde einhergeht; und immerhin das wird, zwischen abrupten Schauplatzwechseln und noch rasanterer Schnittfolge, ausbuchstabiert. Die Artussage als eine mit Fantasyelementen angereicherte Graphic Novel – Lady Guinevere (Àstrid Bergès-Frisbey) mit Kapuze schickt zur Unterstützung Kriechtiere und Vogelvieh.

Immerhin: Dass 3-D-Effekte hier seit längerem wieder sinnvoll eingesetzt werden, zeigt sich nicht nur in Szenen, in denen sich Säle und Verliese scheinbar unendlich in die Tiefe erstrecken und mitunter zur pechschwarzen Theaterbühne werden.

Eine Expansion der Legende als Franchise, in der die Ritter der Tafelrunde, ähnlich den Marvel-Superhelden, ihr filmisches Eigenleben führen sollen, ist angedacht. Der Gral versteckt sich an der Kinokassa. (Michael Pekler, 10.5.2017)