Kabul – Die nordafghanische Stadt Kunduz droht erneut in die Hand der radikalislamischen Taliban zu fallen. Die schweren Kämpfe um die gleichnamige Provinz gingen am Mittwoch in den fünften Tag. Behördenvertreter warnten vor einem erneuten Fall der Provinzhauptstadt.

"Es gibt Kämpfe an einem Tor zu Kunduz-Stadt, diverse Sicherheitsposten sind von den Taliban umzingelt und die Schnellstraße in die Provinzen Tachar und Badachshan ist gesperrt", sagte ein Provinzratsmitglied, Sayed Assadullah Sadat, der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch.

Wechselnde Machtverhältnisse

Im Herbst 2015 hatten die Islamisten die Stadt, die eine der größten des Landes ist, schon einmal für knappe zwei Wochen vollständig unter Kontrolle. Im Herbst 2016 drangen Talibankämpfer wieder in die Stadt ein und lieferten sich tagelang Kämpfe mit Sicherheitskräften.

Seit drei Jahren trügen die Bewohner der Provinzhauptstadt "schon ihre Habseligkeiten auf dem Rücken", sagte Sadat. Jeder, der die Mittel habe, sei geflohen. Er habe keinen Zweifel mehr, dass Kunduz wieder an die Taliban fallen werde.

Ein Bewohner der Stadt, Khaluddin, erzählte von einem "seltsamen Leben" in Kunduz-Stadt. Geschäftsbesitzer brächten ihre besten Waren in Sicherheit, Geschäfte schlössen täglich schon um 14.00 Uhr.

Erst vor vier Tagen hatten die Taliban auch den Bezirk Kala-e Sal eingenommen. In den meisten anderen kontrolliert die Regierung nur noch das Zentrum. Die volle Eroberung von Kunduz ist ein Hauptziel der Taliban, die jüngst ihre Frühjahrsoffensive begonnen haben. (APA, 10.5.2017)