Vor der Verhandlung ist gut lachen: Lehrervertreter Paul Kimberger und Ministerin Sonja Hammerschmid.

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Wien – Die Lehrergewerkschaft gilt nicht ganz grundlos als besonders kniffliger Verhandlungsgegner. So auch beim aktuellen Schulautonomiepaket, das Mittwochnachmittag verhandelt wurde. Immer dann, wenn auch die jeweils aktuelle Bildungsministerin dabei ist, weiß man, dass es ernst wird. Wenn "die Politik" mit am grünen Tisch sitzt, ist das in der Regel ein Zeichen, dass es in Richtung Abschluss geht – oder Abschuss. Je nachdem, wie die Sache läuft.

Vor dreieinhalb Jahren ist sie zumindest aus Sicht der Lehrergewerkschaft nicht gut gelaufen. Im November 2013 endete ein solches Szenario am Minoritenplatz 5, dem Sitz des Bildungsministeriums, mit dem Scheitern der Gespräche. Die sage und schreibe 35. Verhandlungsrunde für ein neues Lehrerdienstrecht war nach viereinhalb Stunden geplatzt. Die Regierung wollte die Materie im Ministerrat alleine beschließen.

Pause bei Kilometer 38

Diesmal ging man nach rund fünfeinhalb Stunden auseinander – aus Verhandlerkreisen hatte es nach einer Stunde geheißen: "Es zieht sich etwas" –, aber das Ziel ist in greifbarer Nähe, denn die nächste Runde ist für Freitagvormittag fixiert. Dann sollen noch Details geklärt werden.

Lehrerchefverhandler Paul Kimberger, der schon 2013 dabei war, sagte Mittwochabend nach Ende der 17. Verhandlungsrunde im STANDARD-Gespräch: "Wenn wir die Verhandlungen zum Autonomiepaket mit einem Marathon vergleichen würden, dann sind wir jetzt bei Kilometer 38." Der Vorsitzende der Pflichtschullehrergewerkschaft und Sprecher der Arge Lehrer in der Beamtengewerkschaft berichtete von einer "guten, konstruktiven Stimmung, in der einige Fragen geklärt werden konnten und besonders kritische Punkte in den Stellungnahmen zum Begutachtungsentwurf angesprochen wurden".

Kimbergers Zwischenresümee war also positiv: "Es ist durchaus Bewegung drin. Es geht was weiter. Auch wenn der Teufel im Detail steckt, wir also alles relativ langwierig prüfen müssen." Aber es habe in den strittigen Punkten "durchaus Annäherung gegeben, jedoch noch nicht so, dass man sagen kann: ,Damit passt es.’"

Kimbergers Gegenüber auf Regierungsseite, Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ), die die Mittwochsrunde eigentlich als "finale" Runde geplant hatte, kommentierte den Verhandlungsstand auf STANDARD-Anfrage so: "Wir hatten eine extrem konstruktive Verhandlungsrunde und sind dem Ziel sehr nahe gekommen. Ich verstehe, dass die Gewerkschafter das heute Besprochene rückkoppeln wollen und bin zuversichtlich, dass wir am Freitag fertig werden."

500 Novellen in 36 Gesetzen

Tags zuvor hatte sie noch betont: "Ich greife die Eckpunkte nicht mehr an." Allerdings würden "wichtige Impulse" aus der Begutachtungsphase aufgenommen. Rund 1.700 Stellungnahmen sind eingelangt.

Laut Verhandlern ging es zuletzt vor allem um "drei Knüller", die schwierigsten Punkte der Autonomiereform: die geplante Abschaffung der Klassenschülerhöchstzahl 25; die Cluster, in denen künftig ein Direktor oder eine Direktorin bis zu acht Schulen mit bis zu 2.500 Schülerinnen und Schülern leiten soll (betroffen wären im Pflichtschulbereich vor allem Kleinschulen mit weniger als 100 Kindern); sowie einige Punkte im sonderpädagogischen Bereich, die aber "im Wesentlichen als gelöst" galten.

Noch nicht zur Zufriedenheit aller gelöst war hingegen die 25er-Obergrenze für die Klassengröße, die fallen soll. Die Lehrervertreter pochen auf Erhalt. Auch das direktorensparende Clustermodell lehnte die Gewerkschaft ab, sie pochte auf Freiwilligkeit für Clusterzusammenschlüsse, keine Pflicht dazu.

36 Gesetze, 500 Novellen

Alles in allem ist das Schulautonomiepaket ein politisches und legistisches Großprojekt. Es umfasst insgesamt rund 80 Seiten an gesetzlichen Änderungen, darunter die Bundesverfassung (für die eine Zweidrittelmehrheit im Parlament nötig ist). Weiters sind Adaptionen in 36 Gesetzen in Form von 500 Novellierungsanordnungen notwendig, hieß es aus dem Bildungsressort, und für die neue Bund-Länder-Behörde namens Bildungsdirektion muss ein neues Gesetz beschlossen werden. (Lisa Nimmervoll, 10.5.2017)