Nic Newman.

Foto: Privat

Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: dpa/Tobias Hase

Wien – Das Geschäft mit Zukunftsprognosen ist immer schwierig – das gilt natürlich auch für die komplexe Medienbranche. Vorherzusagen, welche Traditionshäuser überleben und welche auf der Strecke bleiben, zu prognostizieren, welche Geschäftsmodelle toppen oder floppen und welche Trends als nächste aufkommen, ist selbst für die besten Kenner der Szene eine nicht zu bewältigende Aufgabe. Dieses Scheitern auch öffentlich einzugestehen und daraus Schlüsse zu ziehen wagen nur wenige.

Nic Newman ist eine positive Ausnahme. Der frühere Head of Product bei der BBC und Berater von internationalen Top-Medienhäusern ist für die Herausgabe des Reuters Digital News Report der Universität Oxford verantwortlich – einer der seriösesten und fundiertesten Quellen für die Entwicklung der digitalen Medien und ihres Publikums weltweit.

Im mittlerweile fünften "Journalistenreport", der vom Medienhaus Wien – diesmal auf Englisch – herausgegeben wird, schreibt Newman in einem erfrischend selbstironischen Beitrag, wie es so ist, die Medienzukunft vorherzusagen, warum er damit immer wieder versagt und welche forschungsbasierten Prognosen in seinen jährlichen "Predictions" des Reuters-Instituts tatsächlich Sinn machen.

Falsche Schlüsse

Zum einen gilt: "Die Zukunft vorherzusagen ist vergebene Mühe. Jedes Jahr lehne ich mich weit aus dem Fenster, irre mich und laufe damit Gefahr, mich lächerlich zu machen", schreibt Newman und warnt vor voreiligen Schlüssen wie diesem: "Google und Twitter passen für die User vielleicht gut zusammen. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass es deshalb 2017 eine Übernahme von Twitter durch Google geben wird." Darauf hatte auch Newman nachlesbar spekuliert. Eine weitere Fehlprognose des Medienexperten: "Der Stern von Yahoo sinkt schon seit längerem – doch irgendwie, entgegen aller Logik, schafft es das Unternehmen zu überleben – und lässt mich damit wie einen Idioten aussehen."

Der Reuters Digital News Report, so Newman, sei für kurzfristige Prognosen nicht geeignet. Vielmehr helfen forschungsbasierte Berichte und die Befragung zehntausender User in aller Welt dabei, die langfristige Entwicklung der Medien und das Nutzungsverhalten besser einzuordnen und internationale Trends zu vergleichen. "Bei Vorhersagen geht es darum, zurückzublicken und gleichzeitig nach vorne zu schauen. Wir tendieren dazu – wie Bill Gates einst meinte –, Veränderungen kurzfristig zu überschätzen und langfristig zu unterschätzen."

Drei große Medientrends sind für Newman durchaus evident: der Aufstieg der sozialen Medien, die mobile Revolution und Webvideos. Was das für Zukunftsprognosen bedeutet? Eigentlich sehr viel: "Wir wissen zwar niemals genau, was nächste Woche passieren wird. Aber wir können ziemlich genau vorhersagen, wohin die Reise geht." (Gunther Müller, 12.5.2017)