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Wien – Der Rücktritt von Reinhold Mitterlehner als Vizekanzler und ÖVP-Obmann hat auch Auswirkungen auf den ORF: Die von Generaldirektor Alexander Wrabetz angekündigte Änderung der ORF-Struktur dürfte vorerst nicht kommen.

Am Wochenende hätten die Posten der Channelmanager in der Wiener Zeitung ausgeschrieben werden sollen. Wie berichtet gelten Lisa Totzauer (ORF1) und Roland Brunhofer (ORF2) als Favoriten.

In einer Aussendung begrüßt der Redakteursrat die Entscheidung von Wrabetz, die Strukturreform im redaktionellen Bereich der TV-Information zu verschieben "ausdrücklich": "Angesichts der wahrscheinlichen Neuwahl des Nationalrates und der damit verbundenen redaktionellen Herausforderungen ist eine gleichzeitige Umstrukturierung nicht zu machen, ohne dabei die journalistische Qualität der Wahlberichterstattung zu gefährden."

Redaktionen "weiter in Unsicherheit über Standort-Situation"

Dazu käme, ""dass die Redaktionen weiter in Unsicherheit gehalten werden über die Standort-Situation", argumentiert der Redakteursrat. Weiter im Wortlauf:

"Bisher hat sich die Skepsis vor allem unter Radio-RedakteurInnen gegenüber einer Aufgabe des Funkhauses zugunsten eines multimedialen Newsrooms am Küniglberg bestätigt. Dort sollten ja neue Studios, kurze Wege und bessere Kommunikation dem ORF den Schritt in die Zukunft ermöglichen, so das frühere Versprechen der Geschäftsführung. Allerdings wurde das Projekt inzwischen so verkleinert, dass echte Synergien höchst fraglich sind. Wenn zum unbestrittenen Nachteil eines zentrumsfernen Standortes auch noch schlechtere Arbeitssituationen kämen, etwa ein Trennen von Sendern, Studios, und Redaktionen – wie lässt sich das Newsroom-Projekt überhaupt noch rechtfertigen?"

Überhaupt seien die bisher bekannt gewordenen Pläne offenbar eine geplante "Lex ZiB", denn es gehe ausschließlich um die Strukturen der Informations-Redaktion im Fernsehen. Das lässt bei den Redakteuren die Alarmglocken schrillen, warnen sie doch in einer am Freitag beschlossenen Resolution vor einer Gefahr für ihre Unabhängigkeit: "Wir stellen fest, dass der Druck aus der Politik deutlich zunimmt." Kritik von Politikern an der Berichterstattung komme "öffentlich und in dichter Frequenz", "bis hin zur pauschalen Verurteilung ganzer Redaktionen und zu Angriffen gegen einzelne Personen".

Volksbegehren beunruhigt massiv

Die Redakteurssprecher hegen den Verdacht, "dass auf diesem Weg Druck auf die ORF-Geschäftsführung ausgeübt werden soll". Dass zuletzt wieder von Politikseite – oder von Noch-Politikseite in Person des scheidenden Vizekanzlers Reinhold Mitterlehner (ÖVP) – ein ORF-Volksbegehren ventiliert wurde, beunruhigt die ORF-Journalisten auch massiv. Es "droht ein Rückschritt in die finstere Zeit des Proporz-Funks der 60er Jahre", befürchten sie. "In dieses Bild passt es, wenn leitende ORF-Mitarbeiter, die ein persönliches Naheverhältnis zu Parteien und Politikern haben, öffentlich die Arbeit der ORF-Journalisten kritisieren", heißt es in der Resolution in Richtung von ORF-Online-Chef Thomas Prantner.

Eine Anfrage an das Büro Wrabetz blieb vorerst unbeantwortet. (red, APA 12.5.2017)