Elisabeth Köstinger will ein Durchgriffsrecht für Kurz.

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STANDARD: Innerhalb der ÖVP wird Kritik am "Dauerwahlkampf" der SPÖ geübt. Nun spricht sich Sebastian Kurz für Neuwahlen aus. Zum Koalitionskonflikt hat auch die ÖVP mit einer Broschüre beigetragen, die den Kanzler mit Hammer und Sichel zeigt. Innenminister Wolfgang Sobotka hat dem Kanzler Versagen vorgeworfen. Es liegt also wohl nicht nur an der SPÖ?

Köstinger: Es sind mit Sicherheit auch in der ÖVP Fehler passiert. Der Herr Innenminister hat sich einen Tag später auch entschuldigt. Da sind die Nerven blank gelegen, weil dem unglaublich viele Provokationen vorangegangen sind. Deswegen ist es der richtige Schritt, ehrlich zu sein, sich hinzustellen und zu sagen: Es hat in dieser Konstellation keinen Sinn mehr. Der Wähler soll entscheiden, klare Verhältnisse schaffen.

STANDARD: Wenn man den Umfragen glaubt, könnten sich die Wähler vor allem für die FPÖ entscheiden. Wäre Weiterarbeiten da nicht besser gewesen?

Köstinger: Wieder nur Stillstand und Verwalten des Status quo ist zum Schaden von uns allen, und damit meine ich generell das politische System.

STANDARD: Kurz will die ÖVP nur übernehmen, wenn er die Listen für die Wahl selbst erstellen und die Linie für die Partei vorgeben kann, ohne dass ihm Bünde und Länder dreinreden. Geht das überhaupt?

Köstinger: Einen Diskurs wird es immer geben. Kurz kennt die Partei und weiß, worauf er sich da einlässt. Mittlerweile herrscht aber auch in den Bundesländern ein Umdenken, es steht außer Frage, dass sich etwas ändern muss. Ich gehe davon aus, dass wir am Sonntag gestärkt aus der Debatte hervorgehen werden.

STANDARD: So ist es in der ÖVP immer: Am Anfang herrscht Euphorie, am Ende kommt der Rücktritt des Obmanns aufgrund interner Querelen. Was muss passieren, damit das nicht mehr passiert?

Kösinger: Kurz steht für klares Leadership, er beansprucht für sich eine fixe Zusage der Länder, etwa das letzte Wort bei Personalfragen. Dieses Durchgriffsrecht braucht er für eine handlungsfähige Partei.

STANDARD: Was würden Sie sagen, wenn auf den vorderen Plätzen auf der Bundesliste niemand vom Bauernbund stehen würde?

Köstinger: Die Bünde sind nicht das Problem, denen geht es um Sachpolitik. Wir haben in jedem Bund und Land visionäre Köpfe. Es ist klar, dass es Frauen auf den vorderen Plätzen geben wird und Personen aus dem ländlichen und bäuerlichen Bereich. Kurz ist wichtig, dass er sich sein Team aussuchen kann.

STANDARD: Kann er das, wenn er auf den ländlichen Bereich Rücksicht nehmen muss?

Köstinger: Österreich besteht nicht nur aus Städten, er würde ja dann auch auf sehr viel Potenzial verzichten. Sebastian Kurz hat bereits einen guten politischen Instinkt bewiesen, er wird das gut machen. (13.5.2017)