In Sachen Familienrechtsreform-Bilanz ist dem Justizministerium zu widersprechen: Dass – wie der Rechnungshof in seinem neuen Bericht feststellt – die Gerichtsverfahren um Obsorge für Kinder durch die Novelle 2013 im Durchschnitt nicht kürzer geworden sind, schmälere die insgesamt positive Bilanz nach vier Jahren nur unwesentlich, heißt es dort. Denn dafür sei die Zahl von Neuantragstellungen in derlei Causen gesunken.

Das ist eine recht einseitige Sichtweise, denn sie spart den immensen Stress aus, den ein langes Familienrechtsverfahren auf all jene ausübt, die vor dem Richter stehen. Vor allem auf die Kinder, um deren weiteren Verbleib es immerhin geht. Wenn die Eltern darüber streiten, wo der Nachwuchs künftig zu wohnen hat, wie oft Tochter oder Sohn die Mutter oder den Vater besuchen darf, ist für sie kein normaler Alltag möglich. Je länger ein solcher Zustand anhält, umso schlechter fürs viel zitierte Kindeswohl, das viel zu oft für Egoismen der Erwachsenen herhalten muss.

Tatsächlich fehlt es nach wie vor an öffentlichen Einrichtungen, wo privat nicht mehr zu kittende familiäre Konflikte ohne Erwartung eines Richterspruchs bearbeitet werden könnten. Die Wiener Kinder- und Jugendanwältin Monika Pinterits schlägt dafür Clearingstellen vor, die nicht, wie derzeit die Familiengerichtshilfe, ans Gericht angebunden sind. Eine gute Idee, die wohl manchen Sorgerechtsstreit vom Kadi fernhalten würde. (Irene Brickner, 12.5.2017)