Bregenz – Einen gewaltigen Zustrom hat am Freitag die Initiative "Oma-Revolte" der Vorarlbergerin Gertraud Burtscher erfahren. Die 74-jährige Juristin, die auch nach der Pensionierung arbeitet, um über die Runden zu kommen, tritt für gerechtere Pensionen für Frauen ein. Zu einer Demonstration in Bregenz kamen rund 300 Frauen und Männer, darunter auch zahlreiche Vorarlberger PolitikerInnen.

Die siebenfache Mutter aus Feldkirch erhält die Mindestpension von 830 Euro netto. "Zum Leben zu wenig" dachte sich die Frau und begann mit 60 Jahren noch ein Jus-Studium, das sie erfolgreich abschloss. Seit zehn Jahren arbeitet Burtscher in einer Steuerberatungskanzlei, bis 2016 tat sie das in Vollzeit. "In dieser Zeit wurden für mich reine Pensionsversicherungsbeiträge von mehr als 80.000 Euro abgeführt", schrieb die sympathische Pensionistin in ihrem Aufruf im Vorfeld der Demo. Im elften Jahr erhalte sie dafür einen "lächerlichen" monatlichen Höherversicherungsbeitrag von netto 101,37 Euro.

Berechnung der Kindererziehungszeiten

Müsste sie zu arbeiten aufhören, wäre auch dieser verloren, "weil er von der Ausgleichszulage aufgefressen wird", berichtete die Juristin. Auch hat sie keine Chance, die höhere Ausgleichszulage von 1.000 Euro zu bekommen, denn Voraussetzung dafür ist eine 30-jährige Berufstätigkeit, Kindererziehungszeiten und die Jahre nach Pensionsantritt werden nicht eingerechnet. Diese laut Burtscher ungerechte Situation nahm die rüstige 74-Jährige zum Anlass nach Gleichgesinnten zu suchen und etwas zu unternehmen.

An den Bund richtete sie folgende Forderungen: Gerechte Berechnung der Kindererziehungszeiten und Auszahlung der errechneten Beiträge an alle Mütter, Einrechnung der Kindererziehungszeiten und Erwerbstätigkeit nach Pensionseintritt in die 30 Jahre, die für eine höhere Ausgleichszulage Voraussetzung sind, und Auszahlung des Höherversicherungsbetrages nicht anstatt, sondern zusätzlich zur Ausgleichszulage. Zahlreiche Menschen, vor allem ältere Mütter, aber auch jüngere Frauen, sicherten ihr nach Berichten in Vorarlberger Medien Unterstützung zu.

Finanzierung über die "Spitzenpensionen"

Eine erste Aktion fand nun am Freitag in Bregenz statt. Bei der Demonstration, die vom Leutbühel im Zentrum der Stadt bis vor das etwa 500 Meter entfernte Landhaus führte, schwenkten die TeilnehmerInnen Transparente mit Aufschriften wie "Statt für Banken Millionen mehr Geld für Pensionen" oder "Unsere Nachkommen finanzieren eure Pensionen". Neben Burtscher sprachen Landespolitiker der ÖVP, der SPÖ, der Freiheitlichen und der NEOS und versicherten, sich im Bund für die Initiative stark zu machen. SPÖ-Klubobmann Michael Ritsch kündigte an, am Montag einen Antrag im Landtag einzubringen. Darin forderte er die Landesregierung auf, die erhöhte Ausgleichszulage von 1.000 Euro übergangsmäßig an die rund 500 in Vorarlberg Betroffenen auszuzahlen, bis eine entsprechende Regelung im Bund beschlossen wird.

Die Freiheitliche Nationalratsabgeordnete Carmen Schimanek lud Burtscher ein, in ihrem Heimatbundesland Tirol die nächste "Oma-Revolte" zu veranstalten. Auch für alle anderen Bundesländer bat sie ihre Hilfe an. Burtscher selbst plant vorerst aber eine Demonstration vor dem Parlament in Wien. Ergriffen von der Anzahl der TeilnehmerInnen in Bregenz, appellierte sie an die Bundesparteien, sich möglichst rasch mit PensionsexpertInnen zusammenzusetzen und etwas zu unternehmen. Die Frage der Finanzierung beantwortete sie sich selbst. "Nehmt sie von den Spitzenpensionen", forderte die 74-Jährige. (APA, 15.5.2017)