Wien – Sie hatte keinen guten Start. Für eine zukünftige Musikerin ist eine Kindheit unter strenggläubigen Mormonen im amerikanischen Hintertupfing nicht so wahnsinnig förderlich. Andererseits weckte dieser Umstand früh die Renitenz in Jesca Hoop. Sie türmte, fand in der Musik ein Ventil und bei Tom Waits einen Job. Ja, bei dem Tom Waits. Jesca Hoop jobbte als Babysitterin bei Onkel Tom.

Jesca Hoop spielt Folk. Mal fragil, dann wieder eher kuhbübisch.
Foto: Sub Pop

Das hat ihrer Karriere nicht geschadet, Waits förderte die musikalischen Versuche Hoops und hat wohl ein oder zwei Telefonate geführt, die Hoop einen ersten Plattenvertrag bescherten.

Doch schon drei Monate nach Erscheinen ihres Debütalbums Kismet ließ das Label Columbia sie wegen interner Machtverschiebungen fallen. Der Folkmusikerin hat das den Tag, aber nicht das Leben verdorben. Immerhin ist sie immer noch aktiv, heuer erschien auf Sub Pop das Album Memories Are Now, kommenden Samstag gastiert sie im Grazer Forum Stadtpark, am Sonntag im Wiener Chelsea.

Sub Pop

Hoop ist mittlerweile im neuen Folk und dessen vielfältiger Szene gut etabliert. Nach dem Columbia-Debakel ging sie nach England, folgte dem Tourmanager der Band Elbow. England wirkt in Hoops Kunst spürbar nach, etwa wenn sie in Animal Kingdom Chaotic "Computer says no" singt und damit eine berühmte Zeile aus der Satiresendung Little Britain zitiert.

Live, wenn ihre Musik druckvoller als auf dem Album ausfällt, zeigt sich eine ästhetische Verwandtschaft zur Klangarchitektur Elbows. Im Vorjahr veröffentlichte die 42-Jährige ein Duettalbum mit Sam Beam, dem Chef der Folkband Iron and Wine.

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Ihr jüngstes Soloalbum charmiert mit kammermusikalischem Folk. Intim produziert, mit elektronischen Streuseln auf den fragilen Songs. Zwischendurch wirft sie einen Kaugummi ein, um in verhältnismäßig breitem Nashville-Kuhbubensprech traditionellere Gstanzln wie Simon Says zu geben – bei dem Titel läutet ebenfalls ein Glöcklein.

Live tritt sie mit einem Quartett auf und erzeugt erheblichen Druck. Das verleiht ihren Balladen die entsprechende Tiefe und ihren wilderen Songs jene fliegenden Haare, die jede anständige Aufgewühltheit auszeichnet. (Karl Fluch, 16.5.2017)