Die Zulieferungen via Londoner Hafen in die EU dürften zurückgehen.

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London/München – Noch sind die Auswirkungen des Brexits kaum spürbar, die gute Konjunktur in der EU inklusive Großbritannien vermittelt sogar den Eindruck, dass der Austritt aus der Union keine größeren Verwerfungen mit sich bringen könnte. Allerdings gibt eine neue Untersuchung Hinweise darauf, dass der Handel zwischen der Insel und dem Kontinent massiv beeinträchtigt werden wird. Demnach rechnet fast die Hälfte der EU-Unternehmen mit einer Kürzung der Zulieferungen aus dem Vereinigten Königreich.

Die vom Beschaffungsinstitut Cips unter mehr als 2.000 Managern durchgeführte Befragung kommt auch zu dem Ergebnis, dass ein Drittel der britischen Betriebe eine Verdrängung von Lieferanten aus der EU durch nationale Firmen erwartet. Hauptgrund für diese Befürchtungen seien Zölle und andere Handelshemmnisse, die nach dem Brexit errichtet werden könnten.

Ersatz gesucht

Die Studie zeigt auch, dass sich die Unternehmen schon eifrig auf den Austritt vorbereiten. Fast 45 Prozent der Betriebe in der EU suchten bereits nationalen Ersatz für britische Zulieferer. Cips rechnet aufgrund der Umfrage auch mit einem stark steigenden Kostendruck, weil sich höhere Preise oft nicht durchsetzen ließen. Zölle und andere Tarife müssten daher weitergegeben werden, was vor allem die Zulieferer belasten werde.

Sinkende Investitionen

Auch eine am Dienstag von der Beratungsgruppe Deloitte in München veröffentlichte Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass die Unternehmen mit größeren Umwälzungen im Zuge des Brexits rechnen. Ein Großteil der befragten Unternehmen stelle sich auf sinkende Investitionen deutscher Firmen in Großbritannien ein, aber auch in Deutschland könnte als indirekte Folge weniger investiert werden.

Auch ein nachlassender beidseitiger Handel sowie Wechselkursschwankungen werden von vielen der befragten Unternehmen als Risiken gesehen. Gut ein Fünftel geht zudem davon aus, dass sich das Verbrauchervertrauen in Deutschland durch den Brexit eintrüben werde. "Der Brexit wirft seine Schatten voraus. Fast alle Unternehmen beschäftigen sich inzwischen damit, fast zwei Drittel sogar intensiv", erklärte Alexander Börsch, Chefökonom und Research-Leiter bei Deloitte. "Das sind deutlich mehr als noch vor Jahresfrist – damals war es gerade mal ein Drittel." (red, dpa, 16.5.2017)