Der Biosensor befindet sich auf einem Teststreifen, auf den man eine kleine Menge Blut gibt. Mit einer Digitalkamera, einer abgedunkelten Box (im Bild) und einer einfachen Bildanalyse-Software lässt sich anhand der Farbanteile die Medikamentenkonzentration bestimmen.

Foto: Marc Delachaux/EPFL

Lausanne – Normalerweise benötigt man komplexe Laborgeräte, um die Konzentration von Medikamenten in einer Blutprobe zu bestimmen. Dank eines neuen Biosensors, den Forscher der ETH Lausanne (EPFL) entwickelt haben, ginge das mit einfacheren Mitteln. Interessant wäre das zum Beispiel auch für Entwicklungsländer.

Nach einer Organtransplantation erhalten die Empfänger Medikamente, damit ihr Immunsystem das fremde Organ nicht abstößt. Diese Immunsuppressiva müssen hoch genug dosiert sein, damit sie die gewünschte Wirkung haben, aber auch nicht zu hoch, da sie dem Organismus sonst schaden. Dies ist nur ein Beispiel, bei dem die Medikamentenkonzentration im Blut einen relativ engen Korridor einhalten muss und Patienten profitieren würden, wenn sie für die regelmäßige Überwachung nicht zum Arzt müssten.

Video: Wie der neue Biosensor funktioniert.
École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL)

Fast so einfach wie Blutzuckermessung

Der neue Biosensor, den Forscher um Kai Johnsson von der EPFL im Fachblatt "Angewandte Chemie" vorstellen, ist das Herzstück eines Bluttests auf Medikamentenkonzentrationen, der fast so einfach wie die Blutzuckermessung bei Diabetikern funktionieren könnte. Das Prinzip des Tests hatten die Wissenschafter bereits 2014 vorgestellt, nun machen sie ihn mit einem Kniff vielseitiger, teilte die EPFL mit.

Der Biosensor besteht demnach aus drei Teilen. Der wichtigste und die eigentliche Neuerung daran, welche die Forscher nun vorstellen, ist ein Antikörper. Er erkennt das entsprechende Medikament spezifisch und bindet es an. Weil sich passende Antikörper für alle möglichen Wirkstoffe relativ einfach herstellen lassen, ließe sich der Biosensor also in vielfältigen Varianten für die verschiedensten Medikamente herstellen.

Die beiden weiteren Bestandteile sind ein an den Antikörper gekoppeltes blau leuchtendes Protein, sowie ein "frei schwimmendes" rot leuchtendes Protein, das allerdings Energie zum Leuchten braucht. Wenn der gesuchte Wirkstoff in der Blutprobe vorhanden ist, leuchtet der Biosensor blau, wenn er nicht vorhanden ist, leuchtet er rot.

"Gestohlene" Energie

Das funktioniert so: Ist kein Wirkstoff in der Blutprobe vorhanden, bindet der Antikörper das rot leuchtende Protein. Durch die Nähe zum blau leuchtenden Protein kann es diesem die Energie zum Leuchten "stehlen", und der Biosensor leuchtet rot.

Wenn jedoch das Medikament im Blut vorliegt, bevorzugt der Antikörper den Wirkstoff gegenüber dem rot leuchtenden Protein. Letzteres wird von seinem Platz am Antikörper verdrängt, erhält keine Energie und bleibt daher dunkel. Nur das blau leuchtende Protein strahlt Licht ab und zeigt somit an, dass Wirkstoff in der Blutprobe vorhanden ist.

Für den Bluttest ist der Biosensor auf einem Teststreifen aufgetragen, auf den man eine kleine Menge Blut auftropfen kann. Mit einer Digitalkamera, einer abgedunkelten Box und einer einfachen Bildanalyse-Software lassen sich die Farbanteile an rot und blau bestimmen und die Medikamentenkonzentration errechnen.

Informationen am Smartphone

Derzeit arbeiten die Forscher auch an einem kleinen Lesegerät, in welchen man den Teststreifen einschieben könnte. Die Information könnte dann ans Smartphone übermittelt werden.

Das System könnte nicht nur den Komfort von Patienten erhöhen, weil sie weniger ins Spital müssten. Es könnte auch dort zum Einsatz kommen, wo Spezialgeräte und entsprechende Labors fehlen, beispielsweise in Entwicklungsländern, schreibt die EPFL. Die Forscher haben zur Vermarktung des Systems ein Startup namens Lucentix gegründet. (APA, 17.5.2017)