Wien – Norbert Gerstberger, Vorsitzender des Schöffensenats im Vergewaltigungsprozess gegen Rajab A., gilt als äußerst gutmütiger und verständnisvoller Jugendrichter. Nicht in diesem Fall. "Es geht auch um generalpräventive Gründe. Um ein Signal an Asylwerber, dass sie nicht einfach auf der Straße Frauen anfallen können", begründet Gerstberger, warum das Gericht den Afghanen bei einem Strafrahmen von bis zu fünf Jahren zu nicht rechtskräftigen drei Jahren unbedingt verurteilt.

Der 17-Jährige hat nämlich genau das am 7. Februar auf der Wiener Donauinsel getan. Eine 31-Jährige war dort mit ihren beiden Kleinkindern unterwegs, als ihr A. entgegenkam. Offenbar ahnte sie, dass es Schwierigkeiten geben würde. "Geh weg! Lass mich in Ruhe", rief sie dem jungen Mann schon zu, als er noch einige Meter entfernt war.

Opfer leidet noch immer

Das schreckte ihn nicht ab. Er riss die Frau zu Boden und versuchte, ihre Beine zu spreizen. Eine Vergewaltigungsabsicht bestreitet A. vor Gericht aber. "Ich wollte sie nur küssen. Aber sie ließ es nicht zu", sagt der Teenager über sein Opfer, das noch immer an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet.

Sie wehrte sich heftig, riss auch die Kapuze seines Oberteils ab, wodurch er am nächsten Tag in einer Asylwerberunterkunft identifiziert werden konnte. "Wollten Sie Sex haben?", lässt Gerstberger seine Frage an den 2015 nach Österreich Gekommenen übersetzen. "Nicht zu 100 Prozent", lautet die Antwort. Und: "Ich habe mich verteidigen müssen." Was den Vorsitzenden zur Bemerkung "Die Steinzeit ist schon vorbei" veranlasst.

Auch Betreuerin bedrängt

Wie sich herausstellt, ist der Angeklagte, dessen Eltern bei einem Selbstmordanschlag ums Leben gekommen sein sollen, kurz nach seiner Ankunft schon einmal auffällig geworden. Er kam einer Psychologiestudentin, die ihn betreute, zu nahe. Die junge Frau musste ihn mit Nachdruck darauf aufmerksam machen, dass er im Umgang mit ihr eine bestimmte Grenze nicht überschreiten dürfe.

Der Senat verurteilt ihn schließlich wegen versuchter Vergewaltigung. "Wir glauben Ihnen nicht, dass Sie die Frau nur küssen wollten. Sie haben sie schon zu Boden gebracht gehabt, es hat nur noch gefehlt, dass Sie ihr die Leggings herunterziehen!", begründet dies Gerstberger.

Da im Zuge des Angriffs auch der Kinderwagen mit dem 14 Monate alten Kind des Opfers in die Donau zu stürzen drohte, wird A. zusätzlich wegen grob fahrlässiger Gefährdung der körperlichen Sicherheit verurteilt. Nach Beratung mit seiner Verteidigerin Christine Wolf erbittet A. sich drei Tage Bedenkzeit. (APA, moe, 16.5.2017)