Justizminister Wolfgang Brandstetter wird Vizekanzler.

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Authentisch, unaufgeregt und ruhig. So wird das Waldviertel in Tourismusbroschüren beschrieben. Wolfgang Brandstetter hat seine Waldviertler Wurzeln stets betont. Sie passen allzu gut in das Image, das sich der 59-Jährige verpasst hat. Der Strafverteidiger, der so gar nicht dem Klischee des eitlen Advokaten entspricht, der Strafrechtsprofessor, der einen Hang zu Wurlitzern, Oldtimern und pfiffigen Krawatten pflegt, will sich auch ins klassische Politikerbild nicht so recht fügen. Das Image des Quereinsteigers, dem konstruktives Arbeiten wichtiger ist als Grabenkampf, war seiner Kür zum Zwischendurchvizekanzler wohl zuträglich.

Im Lauf der Jahre fügte sich der als Parteiloser ins ÖVP-Team bestellte Jurist aber öfters der Parteilinie. Seine Mission, die Weisungsgebundenheit der Staatsanwälte abzuschaffen, war bald gescheitert. Der Plan, mehr auf Prävention und weniger auf Härte zu setzen, verkam zur Ankündigung: Während die Insassenzahlen im sogenannten Maßnahmenvollzug weiter anstiegen, wurde die längst überfällige Reform dieses sensiblen Bereichs immer wieder verschoben – und dürfte sich unter jenen Projekten, die Brandstetter vor dem Ende der Amtsperiode noch dringend umsetzen möchte, wohl auch nicht befinden.

Zu den Waldviertel-Klischees zählt auch das "Mystische". Eine gewisse Undurchdringlichkeit haftet auch dem zweifachen Vater an. Schwer zu deuten sei er, sagen viele. Wer ihn kennt, weiß jedenfalls, dass hinter der Fassade des netten Herrn auch ein harter Kern steckt.

Hätten früher eher wenige erwartet, dass Brandstetter einer Regierung unter Kurz angehören könnte, wuchsen diese Chancen an. Als im März Teile seines Kabinetts durch Kurz-Verbündete ersetzt wurden, verteidigte er das gegenüber interner Kritik vehement. Zuletzt war er mit Kurz auf Werbetour in Tirol.

Dabei war Brandstetters Politkarriere eigentlich eine Erfindung des früheren ÖVP-Chefs Michael Spindelegger, der ihn 2013 in die Bundesregierung holte. Zudem war Brandstetter nicht immer glatt auf ÖVP-Linie gebürstet und grenzte sich zumindest anfangs von der FPÖ ab. Wenn es um die NS-Vergangenheit Österreichs ging, waren von ihm stets klare Aussagen zu erwarten.

Wie er es heute mit den Blauen halte, wollte der STANDARD am Dienstag von Brandstetter wissen. Eine Antwort blieb bis Redaktionsschluss aus. (Maria Sterkl, 16.5.2017)