Foto: apa/afp/gandolfini

Pro
von Michael Möseneder

Sicher, es gibt bessere Accessoires als verspiegelte Sonnenbrillen, um die eigene unermessliche Coolness zu unterstreichen. Hut und Trenchcoat, zum Beispiel. Ist halt im Sommer ein wenig gar warm. Daher ist es durchaus legitim, sich mit blendenden Gläsern wie Tom Cruise in "Top Gun" oder Robert Patrick in "Terminator 2" zu fühlen.

Zur Befriedigung der Eitelkeit sind die Dinger gerade für Männer äußerst nützlich. Mit einem Taschenspiegel herumzulaufen könnte nämlich doch etwas übertrieben wirken. Den Sitz der Frisur aber kurz in der nonchalant auf den Tisch geworfenen Sonnebrille zu überprüfen, gehört wohl zu den einfacheren Übungen für erfolgsorientierte WU-Studenten und dynamische angehende Juristen.

Schlussendlich gibt es aber einen weiteren Pluspunkt für die Verwendung. Die Augen sind schließlich der Spiegel der Seele, heißt es. Und die ist manchmal kein strahlend heller Ort. Ein Grund, sie nur Priester und Psychotherapeuten sehen zu lassen. Und nicht irgendwelche Passanten und Passantinnen.

Kontra
von Mia Eidlhuber

Stellen Sie sich vor, der unvergessliche Humphrey Bogart hätte – neben Hut und Trenchcoat (womit er offensichtlich stilprägend für manche Redaktionskollegen geblieben ist) – auch noch verspiegelte Sonnenbrillen getragen, als er Ingrid Bergman in "Casablanca" liebevoll das Kinn anhebt, um sein bis heute Legendäres "Ich seh dir in die Augen, Kleines!" anzubringen. Eben.

"Erst das Auge erschafft die Welt" hat einmal jemand gesagt, als es mit Sicherheit noch keinen Abnehmermarkt für verspiegelte Sonnenbrillen und noch keine gefährliche UVA-Strahlung gab. Noch mehr gilt: Auch das Auge des anderen erschafft eine ganze Welt. Ein bisschen Transparenz muss also – trotz Sonnenbrille – bleiben.

Denn der notorische Blickvermeider lässt außer auf Unsicherheit und Schüchternheit, die er zu überspielen versucht, auf nichts Gutes schließen und wirft sein Gegenüber bloß auf sich selbst und sein Spiegelbild zurück. Aber Narzissten hat die Welt wirklich mehr als genug.

Ein verspiegeltes Pokerface? Definitiv kein großes Kino! (RONDO, 22.5.2017)