Aufenthalt und Bewegung in der Natur fördern die Kindesentwicklung auf mehreren Ebenen.

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Linda ist mit ihrem Sohn im Park. Der Kleine ist endlich mobil und krabbelt von der Decke in die Wiese. Anfangs ist er ein wenig irritiert von den Grashalmen, die ihn auf den Händen und Knien kitzeln, aber bald erforscht er die Wiese, rupft das Gras aus und gräbt in der Erde.

Moritz und seine Freunde Lotta und Jakob spielen im und am nahen Bach. Das Wasser ist hier seicht, die Strömung nicht zu stark, und die Eltern sind in der Nähe. Die Kinder bauen Dämme, stauen das Wasser auf, werfen Steine hinein und lassen verschiedenste Dinge mit der Strömung mitschwimmen. Sie waten – jetzt wo es wieder warm ist – barfuß durch den kalten Bach, balancieren auf größeren Steinen und haben viel Spaß.

Familie Hauser macht einen Ausflug ins Grüne. Im nahegelegenen Wald gehen sie spazieren. Eltern und Kinder finden viel Interessantes, das es zu beobachten und zu bestaunen gibt. Da werden allerlei Steine, Stöcke, Tannenzapfen und Schneckenhäuser eingesammelt und mitgeschleppt. Die Mutter macht die Kinder auf die Geräusche im Wald aufmerksam, und das Rascheln im Gebüsch muss natürlich sofort untersucht werden. Das Picknick auf der Wiese mögen die Kinder besonders gern.

Natur erleben

Jetzt im Frühling, wenn es wieder wärmer wird, gibt es fast keinen Grund mehr, nicht hinauszugehen. Nach dem langen Winter zieht es die Menschen meist regelrecht ins Freie. Endlich scheint wieder die Sonne, die Winterkleidung ist im Kasten verschwunden, und es macht mehr Spaß, sich draußen aufzuhalten.

Kinder brauchen für ihre Entwicklung unterschiedlichste Erfahrungen in der Natur, denn diese ist vielfältig in ihrer Erscheinung. Hier können sie Geräusche hören, die sonst im Verborgenen sind, sie können verschiedenste Gerüche wahrnehmen, viele kleine und große Tiere und Pflanzen beobachten und sich nach Herzenslust verstecken, laufen, klettern und toben. Die Natur ist also etwas, das die Menschen mit allen Sinnen erleben können. Das freie Spiel in und mit der Natur wirkt für Kinder, und selbstverständlich auch für Erwachsene, stresslindernd.

Darüber hinaus schulen Kinder ihre Fantasie, Kreativität und Lösungsfindung. Sie bilden motorische Fertigkeiten, indem sie aus den unterschiedlichen Naturmaterialien für sich nutzbares Spielzeug bauen. Blumen werden zu Kränzen und Sträußen gebunden, Steine werden mit Erde zu Dämmen verarbeitet, damit der Bach sich staut, aus Rindenstücken werden kleine Boote, die dann im Wasser ihren Weg in unbekannte Abenteuer antreten. Durch die vielfältigen Erfahrungsmöglichkeiten in und mit der Natur kann viel mehr Auseinandersetzung damit stattfinden. Nicht zuletzt ist es wichtig, dass Kinder Pflanzen und Tiere als Lebewesen schätzen lernen, um die Natur und ihre Wichtigkeit erfahren zu können.

Nebenbei fördert es auch die Konzentrationsfähigkeit, denn nirgends ist der Boden so uneben, hängen die Äste so tief und besteht das Abenteuer der Natur aus so vielen lustvollen "Gefahren".

Mit den Kindern in die Natur

Viele Erwachsene erinnern sich rückblickend gern an ihre Spielmöglichkeiten in der freien Natur, im Wald, auf der Wiese und am Bach. Diese Erlebnisse haben positive Erinnerungen geschaffen.

Viele Eltern wollen dies auch ihren Kindern ermöglichen. Im Gegensatz zu Familien, die am Land leben, scheitert das in der Stadt oft an den unterschiedlichsten Gegebenheiten des Familienalltags. So sorglos wie früher ist es oft auch am Land nicht mehr möglich, die Kinder unbeaufsichtigt im nahegelegenen Wald spielen zu lassen.

Die Gefahr der Naturentfremdung

Kinder, die in Großstädten aufwachsen, haben durch die Verbauung der Flächen wenig Möglichkeiten, die Natur und sich selbst darin zu erleben. Auch wenn noch so wunderschöne Spielplätze und Motorikparks gebaut werden, können diese niemals eine Blumenwiese oder einen kleinen Wald ersetzen. Barfuß durch die Wiese laufen, Gerüche erleben, die in der Stadt nicht erlebt werden können, oder die Vielfalt der Pflanzen und Blumen sehen, sind einzigartige Erfahrungen. Niemals lassen sich Naturerfahrungen für Kinder "künstlich" erzeugen.

Das Kind erlebt sich in der Interaktion mit der Natur als ein Teil von ihr. Dies bedeutet, dass es lebensnotwendige Erfahrungen in seiner Umwelt macht, wie zum Beispiel, dass es im Wald kälter sein kann als in der Stadt, dass viel mehr Insekten herumfliegen oder dass beim Bäumeklettern das Kind viel geschickter sein muss, als wenn es das Klettergerüst am Spielplatz erobert.

Kinder spüren bei der Beschäftigung in der Natur und mit dieser auch viel schneller ihre Grenzen. Da gibt es große Steine, die nicht mal schnell weggetragen werden können, oder ein verwachsenes Gebüsch, das den Weg beim Wandern abschneidet. Der Boden ist uneben, und die dicken Wurzeln der Bäume laden auch schon mal zum Stolpern ein. Die Koordinationsfähigkeit der Kinder wird durch das Spielen im Wald ganz nebenbei erhöht.

Natur fördert die körperliche Entwicklung

So lässt sich feststellen, dass eine gesunde körperliche Entwicklung des Menschen sehr stark davon abhängig ist, welche Körpererfahrungen dieser in seiner frühen Kindheit gemacht hat. Es lässt sich beobachten, dass Kindern, denen wenige bis gar keine Möglichkeiten zu Naturerfahrungen geboten wurden, als Erwachsene oftmals motorisch weniger geschickt sind, eine schlechtere Raumorientierung haben und dadurch auch manchmal Schwierigkeiten im Alltagsleben auftreten. Oftmals werden diese Zusammenhänge aber nicht bedacht.

Wie ist Ihre Erfahrung?

Wie ermöglichen Sie Ihren Kindern Erfahrungen mit der Natur? Dürfen Ihre Kinder auf Bäume klettern und sich schmutzig machen? Posten Sie Ihre Erfahrungen und Ideen im Forum! (Andrea Leidlmayr, Christine Strableg, 19.5.2017)