Altverträge mit hoher Garantiezinszusage werden für Versicherungen zum Problem. Neuabschlüsse gibt es nur noch für wenig Zinsen.

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Wien – Das Herabsenken des Leitzinses auf null Prozent ging auch an den Versicherungen nicht spurlos vorüber. Vor allem jene Kunden, die in den vergangenen Jahren eine klassische Lebensversicherung abgeschlossen haben, haben das zu spüren bekommen. Denn die Finanzmarktaufsicht hat seit Ausbruch der Finanzkrise 2008 den höchstzulässigen Garantiezinssatz mehrmals zurückgenommen. Zuletzt wurde dieser im Jänner von 1,0 auf 0,5 Prozent angepasst. Das heißt, dass Assekuranzen ihren Kunden beim Abschluss einer neuen Er-/Ablebensversicherung aktuell nur noch einen Zinssatz von höchstens 0,5 Prozent garantieren dürfen.

Zur Info: Die garantierte Mindestverzinsung einer Lebensversicherung gilt nur für die Sparprämie des Produktes. Also für die Einzahlungen minus Steuern, Kosten- und Risikoanteile. Etwaige Gewinnbeteiligungen sind von der Zinsdeckelung grundsätzlich nicht betroffen.

Altverträge werden zur Last

Die Versicherer haben in dieser Situation vor allem mit Altverträgen, die noch einen Garantiezins von vier Prozent und in Deutschland auch mehr haben, ihre Not. Denn im Nullzinsumfeld kann kaum eine Rendite erwirtschaftet werden, um zumindest die garantierten Zinsen zu verdienen. Um diesem Dilemma zu entkommen, bieten Versicherungen im Bereich Leben bereits Polizzen ohne Garantiezins an.

Weil aber auch die Pflege der Altbestandsverträge Kosten verursacht und Eigenkapital bindet, lagern beispielsweise in Deutschland Institute ihre Altbestandsverträge mittlerweile gern an Spezialisten aus, die die Verträge weiterbetreuen. Run-off heißt dieser Prozess, der für Versicherungen zuletzt ein wichtiger Bestandteil im Kapitalmanagement geworden ist. Diese Spezialinstitute führen die Altverträge weiter, für Kunden soll sich dadurch nichts ändern. In Österreich ist ein Weiterverkauf von laufenden Polizzen laut Finanzmarktaufsicht bisher nur in Einzelfällen vorgekommen.

Was aber können Kunden im Nullzinsumfeld mit ihren Lebenspolizzen tun? "Ruhe bewahren", sagt Mathias Frisch, Aktuar für Personenversicherungen bei der Wiener Städtischen. Ein gut verzinster Altvertrag sollte jedenfalls nicht vor der Laufzeit gekündigt werden, weil vier Prozent auf angespartes Kapital derzeit nicht mehr zu bekommen sind.

Hat jemand erst vor ein paar Jahren einen Vertrag abgeschlossen, sollte man wegen der aktuell niedrigen Zinsen auch nicht in Panik verfallen. "Zu Beginn der Laufzeit ist noch nicht viel Kapital angespart", sagt Frisch. Niedrige Zinsen wirkten sich daher noch nicht groß aus. Prinzipiell geht man von wieder steigenden Zinsen aus. "Höhere Zinsen wirken sich bei einem höher angesparten Kapital besser aus", sagt Frisch. Die jährlich von der Versicherung ausgestellte Gewinnbescheinigung ist in diesen Fällen noch nicht so aussagekräftig wie für einen Vertrag mit hohem Garantiezinssatz und kurzer Restlaufzeit. Wurden mit der Lebensversicherung Zusatzprodukte verknüpft, die über die Jahre nicht mehr gebraucht werden, kann es sich aber lohnen, diese aus dem Vertrag zu streichen.

Nachversteuerung droht

Von übereilten Kündigungen rät auch die Arbeiterkammer ab. Eine vorzeitige Auflösung sollte man sich nur im Notfall überlegen, wenn dieser einen dringenden Kapitalbedarf mit sich bringt. In jedem Fall lohnt es sich laut AK, seinen Vertrag zu prüfen. Zahlt man etwa die Prämie monatlich, ist das teurer, als wenn man die Jahresprämie auf einmal bezahlt. Eine Umstellung der Prämienzahlung kann laut Christian Prantner, Finanzexperte bei der AK Wien, einiges sparen. Wird eine Lebensversicherung innerhalb von zehn Jahren gekündigt, ist auch mit einer Nachversteuerung bei der Versicherungssteuer zu rechnen. (Bettina Pfluger, 20.5.2017)