Grünen-Chefin Eva Glawischnig hat am Donnerstag ihren Rücktritt erklärt und machte dafür vor allem gesundheitliche Gründe geltend. Zum Abschied strich sie die Erfolge der Grünen unter ihrer Führung hervor, warnte vor der Sehnsucht nach dem "starken Mann" und kritisierte "sexistische Machos" in der Medienbranche. Die Rücktrittserklärung in Wortlautauszügen:

Einen schönen guten Vormittag! (...) Ich habe Sie eingeladen zu einer persönlichen Erklärung – ich glaube, das ist jetzt die dritte in zehn Tagen. Ich möchte die Öffentlichkeit und insbesondere die Grünen Wählerinnen und Wähler, aber auch meine vielen Parteifreundinnen und Freunde über eine persönliche Entscheidung informieren.

Ich bin seit 2008 Parteichefin der Grünen. (...) Als ich die Partei übernommen habe, gab es viele kritische Stimmen. Manche haben gesagt, die Grünen werden ein Drittel der Wählerinnen und Wähler verlieren – ja, manche haben gesagt: ja warum die? Es kam aber ganz anders. Wir haben als Team die erfolgreichste Phase der Grünen in Österreich und auch europaweit beachtet geschafft. (...) Die Regierungsbeteiligungen und dann das Projekt Van der Bellen in die Hofburg – der erste grüne Präsident Europas. Das haben wir, das habe ich maßgeblich betrieben und unterstützt und wir haben gesehen was alles geht und was alles möglich ist.

(...) Ich habe eine Entscheidung getroffen und es ist eine zutiefst persönliche Entscheidung: Ich werde nicht mehr als Spitzenkandidatin für die Grünen zur Verfügung stehen. Ich werde all meine Funktionen zurücklegen: die Bundessprecherin, die Klubobfrau und auch mein Nationalratsmandat. Es gibt keinen bestimmten Anlass für diese Entscheidung, sie ist gereift über längere Zeit. Natürlich ist es zugespitzt jetzt durch die Neuwahlsituation, aber in aller Offenheit: Ich habe eine Familie, ich habe zwei wunderbare Kinder, zwei Söhne und es hat körperliche Warnsignale gegeben, die ich ernst nehmen muss. Ich habe gegenüber meiner Familie eine Verantwortung und meinen Kindern, dass ich gesund bleibe, dass ich in voller Gesundheit für sie da bin. (...) Den Job eines Parteichefs, einer Parteichefin kann man nicht ewig machen. In Zeiten dieser medialen Zuspitzung reibt das jeden Menschen einfach auf (...)

Die politische und mediale Aggressivität hat wahnsinnig zugenommen und ich appelliere an uns in der politischen Branche, aber auch an die Medienbranche, sich rückzubesinnen auf das, was wirklich relevant ist und nicht das, was man dramaturgisch brutal überspitzen kann, wo man Klicks, Quote, Aufmerksamkeit und Wählerinnen- und Wählerängste sozusagen mobilisieren kann. (...) Ich werde daher alle meine Aktivitäten gegen Hass im Netz auch als Privatperson, alle Musterklagen mit aller Kraft fortsetzen gegen Facebook und Co, insbesondere auch dann, wenn es um verbal sexualisierte Gewalt gegen Frauen im Netz geht. (...)

Als überzeugte Parlamentarierin möchte ich noch eine Lanze für die parlamentarische Demokratie brechen und warnen vor dem Konzept und dem Wunsch vor dem sogenannten starken Mann. (...) Ich war sehr oft die einzige Frau in diesen politischen Runden, sehr oft die einzige Frau unter den Parteichefs, unter den Klubobleuten und in politischen Diskussionen und ich behaupte, wenn es mehr Frauen in Führungspositionen gebe, dann hätten wir auch eine andere politische Kultur.

Ich möchte mich bei Ihnen bedanken für korrekte und respektvolle seriöse Berichterstattung. Ich sage aber auch, dass es in der Medienbranche einzelne Persönlichkeiten gibt, die die Republik regelrecht vergiften und unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt damit gefährden, die keinen Respekt vor einer anderen Meinung haben, die journalistische Sorgfalt und Recherche vermissen lassen oder einfach zutiefst sexistische Machos sind. (...)

So, wie geht's nun weiter? Der Bundesvorstand morgen in Salzburg wird tagen. Es werden Entscheidungen getroffen werden in aller Verantwortung. Und wie geht's mit mir weiter? Mein Ziel ist es, die Ziele der Nachhaltigkeit, aber auch die Sichtbarkeit von Frauen in der Gesellschaft weiterzubringen, Zukunftssicherheit weiterzubringen. Und das wird jetzt mein letztes Statement in einer politischen Öffentlichkeit für's Erste. Und ich bedanke mich bei Ihnen allen und wünsche Ihnen alles Gute. Und wir werden uns mit Sicherheit noch irgendwann im Leben begegnen. (APA, 18.5.2017)