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Amtsübergabe im September 2013: Robert Mueller (links) überlässt James Comey den Chefsessel des FBI. Nun soll Mueller unabhängige Ermittlungen im Zusammenhang mit dem US-Wahlkampf leiten.

Foto: AP /Susan Walsh

Die mutmaßliche "Russland-Connection" von Donald Trumps Wahlkampfteam zu Führungskreisen in Moskau sorgt weiter für Aufregung – ganz besonders beim US-Präsidenten selbst.

Robert Mueller, heißt es, könnte in jeder Bar einen Whiskey trinken, ohne Gefahr zu laufen, dass ihn jemand erkennt – sogar in Washington, einer Stadt, die mit der Politik verheiratet ist. Medienscheu, distanziert und hochdiszipliniert, meidet der Ex-Offizier das Rampenlicht, wo es nur geht. Schon sein Spitzname spielt darauf an: Im FBI nannten sie Robert Swan Mueller III. auch "Bobby Three Sticks", den Mann mit der römischen Drei im Namenszug, der zugleich so steif wirkte, als habe er drei Stöcke verschluckt.

Zwölf Jahre lang war der New Yorker Direktor der Bundespolizei, 2013 verabschiedete er sich, um sich in der Anwaltskanzlei Wilmer Hale um knifflige Fälle zu kümmern: etwa um den Vergleich zwischen Volkswagen und US-Klägern in der Abgasaffäre.

Seit Mittwochabend steht er zentraler im Scheinwerferlicht als je zuvor. Als Sonderermittler soll der 72-Jährige untersuchen, was dran ist an Vorwürfen, nach denen Wahlkampfberater Donald Trumps geheime Absprachen mit dem Kreml trafen, um Kontrahentin Hillary Clinton zu schaden.

Eingesetzt hat ihn Rod Rosenstein, der stellvertretende Justizminister, der sich wiederum immensem politischem Druck beugen musste. Nicht nur die Demokraten hatten mit zunehmender Lautstärke verlangt, die Russland-Akte in unabhängige Hände zu geben. Auch immer mehr republikanische Senatoren sahen es ähnlich. Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte: Als bekannt wurde, dass Trump den inzwischen gefeuerten FBI-Direktor James Comey zur Einstellung der Ermittlungen gegen seinen ehemaligen Sicherheitsberater Michael Flynn drängte, eine Schlüsselfigur der Russland-Connection, musste das Justizressort handeln, wollte es nicht als bloßes Anhängsel des Weißen Hauses gelten.

"Ganz besondere Umstände"

Außergewöhnliche Umstände, schrieb Rosenstein, hätten ihn dazu bewogen. Sein Entschluss bedeute nicht, dass Straftaten begangen worden seien oder eine Strafverfolgung gerechtfertigt sei. "Dennoch habe ich entschieden, dass es angesichts der ganz besonderen Umstände in dieser Sache nötig ist, einen Sonderermittler einzusetzen, damit das amerikanische Volk volles Vertrauen in das Ergebnis haben kann."

Dass es der Vizeminister war, der zur Tat schritt, liegt an der eingeschränkten Handlungsfähigkeit seines Vorgesetzten: Jeff Sessions sah sich gezwungen, die Russland-Akte abzugeben, nachdem er bei Anhörungen im Senat Gespräche mit dem russischen Botschafter in Washington unterschlagen hatte. Rosenstein wiederum gilt als souveräner Jurist, nicht als Parteisoldat. Allerdings hat seine Reputation ziemlich gelitten, da er eine fadenscheinige, später von Trump burschikos dementierte Begründung für den Rauswurf Comeys lieferte. So gesehen ist die neueste Wendung auch ein Versuch, ein angekratztes Image aufzupolieren und die Unabhängigkeit der Justiz zu unterstreichen.

Das Oval Office war, auch das ist ein klares Signal, in die Entscheidung nicht eingebunden. Es wurde erst informiert, als die Personalie beschlossene Sache war, eine halbe Stunde bevor Rosenstein an die Öffentlichkeit ging. Offenbar kalt erwischt, brauchte die Machtzentrale 90 Minuten für ein Statement. Eine gründliche Ermittlung werde nur bestätigen, was man bereits wisse: dass es keine Geheimkooperation gegeben habe, ließ Trump erklären. Er erwarte, dass die Angelegenheit schnell zu Ende gebracht werde.

Präzise wie ein Uhrwerk

Den Gefallen dürfte ihm Mueller nicht tun, es würde nicht zu seinem Ruf passen, ein unbestechlicher, mit der Präzision eines Uhrwerks arbeitender Aufklärer zu sein. Zudem lehrt alle bisherige Erfahrung mit Sonderermittlern, dass sich die Sache hinziehen kann und mitunter neue Untersuchungsobjekte in den Fokus geraten. Kenneth Starr etwa wurde in den 1990er-Jahren eingesetzt, um ein Grundstücksgeschäft Bill und Hillary Clintons unter die Lupe zu nehmen. Es endete mit der – auf halber Strecke gescheiterten – Amtsenthebung Bill Clintons, der über seine Affäre mit der Praktikantin Monica Lewinsky stolperte.

Dass sich Mueller nicht unter Zeitdruck setzen lässt, weiß wohl auch Trump. So gelassen seine erste Erwiderung klang, am Donnerstagmorgen war er wieder der Alte und wetterte über "die größte Hexenjagd auf einen Politiker in der amerikanischen Geschichte". Am Abend legte Trump bei einer Pressekonferenz nach: Er glaube, dass die Entscheidung "unserem Land furchtbar schadet". (Frank Herrmann aus Washington, 18.5.2017)