Wilde Schönheit: das Flusstal Rugova im Kosovo. Die Kelag möchte in dem Tal ein Wasserkraftwerk bauen. Der Bau in dem Naturschutzgebiet ist nicht möglich, sagt die staatliche Umweltschutzagentur.

Foto: Ardianloumi

Peja – Das Wasser fließt türkis zwischen den moosbewachsenen grauen Felsen. Nicht von ungefähr befindet sich das Flusstal Rugova, in der Nähe der Stadt Peja im Westen des Kosovo in einem Nationalpark. Trotzdem gibt es Ambitionen, den Fluss Lumbardhi auch wirtschaftlich zu nützen.

Die Meldung aus 2013 ist noch immer auf der Webpage des österreichischen Außenministeriums zu finden. "Am 18. Oktober unterzeichneten der Bürgermeister von Peja, Dr. Ali Berisha, und der Direktor von Kelkos Energy Peja, Hr. Georg Wöber, (...) den Servitutsvertrag für den Bau eines Wasserkraftwerks im Rugova-Tal. (...) Mit dem Bau soll 2014 begonnen werden. Bereits Ende 2015 wird es zur ersten Energiegewinnung kommen", heißt es da. Seitdem passierte allerdings nichts.

Denn nach den Wahlen im November 2013 wechselte der Bürgermeister in Peja. Die neue Stadtverwaltung stellte sich gegen das Vorhaben der Kärntner Elektrizitäts-Aktiengesellschaft (Kelag) und ihrer Tochter im Kosovo, der Kelkos, mit dem Verweis, das im Rugova-Tal aus Umweltschutzgründen kein Kraftwerk gebaut werden dürfe. Tatsächlich wurde laut Fadil Bajraktari von der kosovarischen staatlichen Agentur für Umweltschutz die betroffene Rugova-Schlucht bereits im Jahr 1985 als "Naturdenkmal" geschützt. Sie befindet sich im Nationalpark Bjeshkët e Nemuna. "Laut dem Naturschutzgesetz, dem Gesetz für Nationalparks und dem Raumplanungs-Konzept für den Nationalpark darf hier kein Wasserkraftwerk gebaut werden", so Bajraktari zum STANDARD.

Ressourcen zerstören

Auch die Stadtgemeinde in Peja winkt ab. "Seit dem ersten Tag, an dem wir die Wahlen gewonnen haben, sind wir gegen dieses Projekt. Der Entwicklungsplan der Stadtgemeinde erlaubt nicht, dass im Flussbett des Lumbardhi jemals irgendetwas gebaut wird", so Durim Sheremeti, Kabinettschef des Bürgermeisters von Peja zum STANDARD. "Denn wir sind vollkommen davon überzeugt, dass dieses Projekt die Ressourcen der Stadt zerstören würde."

Die Biodiversität und das Ökosystem wären gefährdet, die Vereinbarung zwischen der ehemaligen Gemeindevertretung sei überdies zu knapp vor den Wahlen getroffen worden, so Sheremeti. Auf Nachfrage des STANDARD scheint das Projekt für die Kelag aber noch nicht gestorben zu sein. Josef Stocker, Vertreter der Kelag zum STANDARD: "Die Aussage der Stadtgemeinde Peja, das Projekt sei aus Umweltschutzgründen nicht durchführbar, können wir nicht bestätigen", schreibt er. Der derzeitige Planungsstand würde aber kein konkretes Datum für den Baubeginn erlauben.

"Optimiertes Projektkonzept"

Kelkos-Vertreter Georg Wöber, der die Kelag im Kosovo vertritt, berichtet von einem "umwelttechnisch optimierten Projektkonzept". Man habe das "Kaskaden-Design" überarbeitet habe. Das würde die Projektkosten erhöhen, trage aber dem "besonderen Naherholungsaspekt" des Rugova-Tales Rechnung. Angesprochen auf die ablehnende Haltung der Stadt Peja, meint Wöber, er wolle keine "Gerüchte kommentieren". "Hinsichtlich des Baubeginns werde ich Sie gerne zeitgerecht informieren, wir gehen derzeit von Jahresfrist aus", so der Kelkos-Mann.

Interessant ist die Absichtserklärung zwischen der Kelkos und dem früheren Bürgermeister Berisha. Da heißt es, dass die Kelkos Energy bereit sei, in Gesellschafterverträge mit "Interessenvertretern" einzusteigen, die der Bürgermeister vorschlagen solle. Diese Verträge könnten bis zu "20 Prozent der gesamten Investition ausmachen". In der Stadtgemeinde Peja denkt man, dass diese Passagen dem Gesetz zu öffentlichen Ausschreibungen und dem Gesetz gegen Interessenkonflikte widersprechen könnten. (Adelheid Wölfl, 19.5.2017)