Ulrike Lunacek und Ingrid Felipe im Porträt.

ORF

Salzburg – Für grüne Verhältnisse war das Ergebnis erstaunlich rasch auf dem Tisch: Vier Stunden diskutierten die Mitglieder des erweiterten grünen Bundesparteivorstandes, dann gab es einen einstimmigen Sanktus für die Neubesetzung an der Parteispitze.

Ingrid Felipe im ZiB24-Interview.
ORF

Wie erwartet übernimmt die Tiroler Landesrätin und bisherige stellvertretende Bundesparteichefin Ingrid Felipe die Partei. Die 38-Jährige wird allerdings nicht als grüne Spitzenkandidatin in die Nationalratswahl gehen. Diesen heiklen Job wird die grüne Europa-Abgeordnete Ulrike Lunacek übernehmen.

Bunt und breit

"Es ist erfreulich flott und erfolgreich verlaufen", zeigte sich Felipe nach der Entscheidung sichtlich erleichtert. "Wir haben uns nicht für ein Entweder-oder, sondern für ein Sowohl-als-auch entschieden", fasste die designierte Parteichefin zusammen. Es sei nun aber "notwendig, die Breite und Buntheit unserer Partei auch entsprechend zu zeigen".

ORF

Was die Trennung der Funktion betreffe, habe sie sich die Entscheidung "nicht leicht gemacht". Felipe: "Ich habe in den letzten Stunden viel darüber nachgedacht. Ich bin eben Landeshauptmannstellvertreterin von einem wunderbaren Land, und ich habe Verantwortung als Mutter. Beides hat gegen einen dauerhaften Wechsel nach Wien gesprochen."

"Symbolfigur in Europa"

Lunacek, von der künftigen Parteichefin als "Symbolfigur in Europa" vorgestellt, sprach ebenso von "keinem einfachen Entschluss". Nachsatz: "Aber einfach war es in den letzten Stunden für uns alle nicht." Sie "freue" sich auf den Wahlkampf, weil: "Ich mag einfach Wahlkämpfe." Mit den Grünen werde es keine FPÖ in der Regierung geben. "Ich will kein Österreich, das in Richtung Orbán abdriftet." Denn dafür stehe ÖVP-Kandidat Sebastian Kurz, und Bundeskanzler Christian Kern schließe eine Koalition mit der FPÖ nicht aus. "Wir sind die Einzigen, mit denen es keine Freiheitlichen in der Regierung gibt. Wir sind die Einzigen, die hier links der Mitte stehen", betonte Lunacek. Dieser mangelt es auch nicht an Selbstbewusstsein. "Ich bin die Lösung, die anderen werden die Not haben."

Ulrike Lunacek im ZiB2-Interview.
ORF

Die grüne Klubspitze bleibt bis auf weiteres vakant. Lunacek: "Das hat der Parlamentsklub zu entscheiden. Interimistisch wird der Klub bis dahin von Werner Kogler, Gabriela Moser und Albert Steinhauser geführt. Die Entscheidung für eine neue Klubführung soll voraussichtlich nächste Woche fallen. Lunacek bleibt zumindest bis zur Wahl im Oktober Abgeordnete in Brüssel.

Weiter Kritik

Die Neubesetzung an der Spitze hat aber zumindest nicht dafür gesorgt, dass die Kritiker in den eigenen Reihen verstummen. Für den ehemaligen grünen Bundesrat Efgani Dönmez ist die Neuaufstellung nicht weit genug gegangen: "Man müsste 50 Prozent der grünen Belegschaft austauschen, dann hätten die Grünen eine Chance auf eine bessere Zukunft."

Die aktuellen Probleme in der Partei bis hin zum plötzlichen Rücktritt von Eva Glawischnig seien "hausgemacht", so Dönmez im STANDARD-Gespräch. "Wenn man ständig alles unterdrückt, dann explodiert der Kochtopf einmal." Die künftige Aufteilung der Spitzenpositionen sieht Dönmez mit gemischten Gefühlen: "Rein organisatorisch wird es natürlich leichter, wenn man die Positionen aufteilt. Die Menschen draußen wollen aber wohl eher ein einheitliches Bild – eine Person an der Spitze."

Chancen und Risiken

Die Trennung der Ämter dürfte auch das Hauptthema in der Diskussion des erweiterten Bundesparteivorstandes gewesen sein. Die Personen seien bereits festgestanden. "Die Ämtertrennung birgt Chancen und Risiken. Es braucht mehr Abstimmung, aber wir brauchen ein starkes Team", sagte die Salzburger Landeschefin Astrid Rössler, die zuvor auch als mögliche Kandidatin genannt wurde. Der Gang nach Wien reizte Rössler aber nicht: "Mein Platz ist in Salzburg." Sie habe einen wichtigen Regierungsposten und noch einiges offen. Gleichzeitig wolle sie auch eine zweite Auflage der schwarz-grünen Regierung nach der Landtagswahl 2018.

Der erweiterte Bundesvorstand gibt mit dieser Personalentscheidung eine Empfehlung ab. Abgesegnet muss diese vom Bundeskongress werden. Der soll am 25. Juni in Linz stattfinden. (Stefanie Ruep, Markus Rohrhofer, 19.5.2017)