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Assange lebt seit 2012 in der ecuadorianischen Botschaft in London.

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Die schwedische Staatsanwaltschaft stellt die Ermittlungen wegen Vergewaltigungsvorwürfen gegen Wikileaks-Gründer Julian Assange ein. Das teilte Anklägerin Marianne Ny am Freitag in Stockholm mit. Nach langem Tauziehen um eine Befragung des Australiers zu den Vorwürfen aus dem Jahr 2010 war er im vergangenen November in der Botschaft Ecuadors in London verhört worden.

"Diese Befragungen haben zu weiteren Ermittlungsmaßnahmen geführt", hieß es in der Entscheidung der Staatsanwaltschaft. "Es ist jetzt nicht möglich, weitere Schritte zu unternehmen, um die Ermittlungen voranzubringen."

Assange wird "umgehend verhaftet"

Die britische Polizei erklärte unterdessen, Assange würde umgehend verhaftet, falls er die ecuadorianische Botschaft verlassen sollte. Assange hält sich seit 2012 in der Botschaft Ecuadors in London auf, um dem schwedischen Haftbefehl zu entgehen.

Die Behörde sieht sich demnach auch nach der jüngsten Entwicklung verpflichtet, den Haftbefehl auszuführen. Assange werde immer noch wegen eines "viel weniger schweren" Verbrechens gesucht. Um was es sich dabei handelt, erläuterte Scotland Yard zunächst nicht. Damit könnte ein Verstoß gegen die Auflagen gemeint sein, die er 2012 hatte. Damals war er auf Kaution frei.

Auslieferungsantrag

Die britische Regierung wollte sich am Freitag nicht dazu äußern, ob bereits ein Auslieferungsantrag für Assange vorliegt. Man werde dies weder bestätigen noch dementieren und sich auch nicht zu Spekulationen äußern, hieß es in einer Mitteilung.

Assange regiert mit diesem Tweet auf das Ende der Ermittlungen.

Der Australier befürchtete, von Schweden aus in die USA ausgeliefert zu werden, wo ihm eine Verurteilung für die Wikileaks-Enthüllungen droht. Die USA machen ihn dafür verantwortlich, dass über seine Plattform brisante US-Dokumente aus den Kriegen in Afghanistan und im Irak veröffentlicht wurden.

"Wir treffen keine Aussagen über Schuld"

Im Fall der Vergewaltigungsvorwürfe gegen Assange sieht die schwedische Staatsanwaltschaft die Schuldfrage als nicht geklärt an. "Wir haben die Entscheidung, die Ermittlungen nicht weiterzuführen, nicht getroffen, weil wir alle Beweise in diesem Fall ausgewertet haben, sondern weil wir keine Möglichkeiten sehen, die Ermittlungen weiter voranbringen."

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Anklägerin Marianne Ny bei der Pressekonferenz.
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Das sagte Anklägerin Marianne Ny bei einer Pressekonferenz in Stockholm. "Wir treffen keine Aussagen über Schuld." Das Ende der schwedischen Ermittlungen hängt nicht mit einer möglichen Strafverfolgung des Wikileaks-Gründers durch die US-Behörden zusammen. "Die Entscheidung, die heute getroffen wurde, hat nichts mit möglichen Aktionen der US-Regierung zu tun", sagte Ny.

Vorwürfe verjährt

"Der Verdächtige hat das Land verlassen, und angesichts der Fakten und der Umstände in diesem Fall wird nicht erwartet, dass es in absehbarer Zukunft möglich ist, die Entscheidung auszuführen, ihn nach Schweden auszuliefern", erklärte die schwedische Anklage. Weitere Ermittlungen würden erfordern, dass Assange in Schweden vor Gericht auftrete. Eine spätere Wiederaufnahme der Ermittlungen werde aber nicht ausgeschlossen. Dafür müsste der Wikileaks-Gründer aber aus eigenem Antrieb nach Schweden einreisen.

Eine weitere Reaktion von Assange.

Die Anwälte des Australiers hatten immer wieder eine Aufhebung des Haftbefehls beantragt. Assange hatte die Vergewaltigung stets bestritten. Weitere Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen ihn waren im Sommer 2015 verjährt.

"Wir haben den Fall gewonnen"

Der schwedische Anwalt von Julian Assange hat die Einstellung der schwedischen Ermittlungen gegen den Wikileaks-Gründer als Sieg gefeiert. "Wir haben den Fall gewonnen", sagte der Jurist dem schwedischen Rundfunk. "Das ist ein totaler Sieg für Julian Assange. Er ist natürlich froh und erleichtert."

Veröffentlichung brisanter US-Dokumente

Bekannt wurden Assange und Wikileaks unter anderem durch die Veröffentlichung brisanter US-Dokumente aus den Kriegen in Afghanistan und im Irak. Eine der wichtigsten Quellen war dabei die US-Whistleblowerin Chelsea Manning, die am Mittwoch nach sieben Jahren Militärhaft vorzeitig entlassen wurde.

US-Wahlkampf

Assange geriet während des amerikanischen Wahlkampfs im vergangenen Jahr wieder verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit. Wikileaks veröffentlichte dutzende E-Mails, die Hacker von Computern der Demokraten gestohlen hatten. Die Dokumente offenbarten Machtkämpfe im Lager der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton. Das schadete ihrem Wahlkampf. Die amerikanischen Geheimdienste beschuldigen die russische Regierung, hinter den Hackerangriffen zu stehen. Assange erklärte dagegen, seine Quelle sei kein Staat.

CIA in Verlegenheit gebracht

Im März brachte Wikileaks die CIA in Verlegenheit: Die Plattform enthüllte eine zweifelhafte Cyberspionage-Technik, mit der sich der US-Auslandsgeheimdienst Zugang zu Smartphones und Fernsehern verschaffen soll, um die Geräte zum Abhören zu nutzen. Der neue CIA-Chef Mike Pompeo bezeichnete Wikileaks daraufhin als "feindlichen Geheimdienst".

Am Freitag hat Wikileaks erneut geheime Malware aus dem Repertoire der CIA veröffentlicht. (APA, sum, 19.5.2017)