Minimalismus mit Korrosionsschutz: Florian Pumhösls "Kanal Abschnitt III" (2017), aktuell zu sehen in der Galerie Meyer Kainer.

Foto: Meyer Kainer

Es lohnt sich, die Einladungskarte zur Ausstellung von Florian Pumhösl in der Galerie Meyer Kainer genauer anzuschauen. Abgebildet ist darauf eine historische Karte aus dem Wiener Stadt- und Landesarchiv, die jene Verzweigungen zeigt, die die Donau bei Hochwasser nahm. In Pumhösls aktueller Präsentation bringt einen das Wissen um diese historische Referenz in zweierlei Hinsicht weiter.

Zu sehen ist eine Serie von Wandreliefs aus Blech, die hier mehr, dort weniger auffällige Erhebungen und Strukturen aufweisen. Die insgesamt sieben minimalistischen Objekte tragen die Titel Kanal Abschnitt I bis Kanal Abschnitt VII und haben eine einheitliche Größe sowie dieselbe rotbraune Farbe – dass dahinter Verweise auf die Hochwasserregulierung zu entdecken sind, erschlösse sich ohne Hinweis kaum.

Für das Schaffen Pumhösls ist der Rückgriff auf historische Referenzen dabei durchaus charakteristisch: Auf der Documenta 12 (2007) widmete er sich jenem "dreieckigen Atelier", das der japanische Künstler Murayama Tomoyoshi 1926 entworfen hatte; in der Galerie Krobath referierte er auf einen japanischen Musterkatalog aus dem 17. Jahrhundert; und in seiner Personale im Kunsthaus Bregenz im Jahr 2012 nahm er auf ein Druckverfahren aus dem 19. Jahrhundert Bezug.

Reliefs aus Stahlblech

An einer Illustration dieser "Erzählungen" über Architektur, Mode und Druckgrafik war der 1971 in Wien geborene Künstler allerdings nicht interessiert. Seine zum Teil sehr fragilen Installationen und Glasbilder ähnelten in den vergangenen Jahren vielmehr visuellen Übersetzungsprozessen, in denen er der (parallelen) Entwicklung abstrakter Formensprachen in verschiedensten Weltregionen nachging: hier die japanischen Kimonomotive aus dem 17. Jahrhundert, dort die frühe europäische Drucktechnik, die aufgrund ihrer Kompliziertheit obsolet wurde.

Dass Pumhösl die visuelle Information in der laufenden Ausstellung einmal mehr stark reduziert, kommt nicht ganz überraschend. Was dieses Mal allerdings anders ist, ist das Material, das der Künstler wählte: Anstelle der fragilen Werkstoffe der letzten Jahre sind es dieses Mal Tafeln aus Stahlblech, die Pumhösl von einem Spengler bearbeiten ließ. Alle sind mit Korrosionsschutzfarbe bemalt und weisen neben streng horizontalen Falzen auch richtungswechselnde auf, solche, die "umgeleitet" werden.

Angesichts ihrer neutralen Grundierung assoziiert man mit den seriell gehängten Reliefs auch die Geschichte der "Shaped Canvases", die Geschichte vom Ausbruch aus dem Tafelbild. Gleichzeitig denkt man dank der verwendeten Korrosionsschutzfarbe sowohl an Dachrinnen als auch an all jene minimalistischen Skulpturen, bei denen es seit den 1960er-Jahren um das Reduzieren auf einfache Formen ging.

Fragen der Abstraktion

Die mit der Geschichte der Abstraktion verbundenen, ungelösten kunsthistorischen und ästhetischen Fragen sind es, die Pumhösl interessieren und auf die er in seiner aktuellen Präsentation einmal mehr ansprechende, gegenwartsbezogene Antworten zu geben versucht. Zu seinem aktuellen Formfindungsversuch wird Pumhösl am 20. 5. (11 Uhr, Galerie Meyer Kainer) auch selbst Auskunft geben: in einem Gespräch mit Sebastian Egenhofer, Professor für Neueste Kunstgeschichte an der Universität Wien. (Christa Benzer, 24.5.2017)