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Donald Trump und König Salman feierten Am Abend ihren Deal mit einem traditionellen Schwerttanz.

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Trumps Besuch in Saudi-Arabien ist der Auftakt einer neuntägigen Reise durch den Nahen Osten und Europa.

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Melania Trump kam ohne Kopfbedeckung. Als dies 2015 Michelle Obama wagte, twitterte Trump, dies würde die Saudis beleidigen.

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Der greise saudische Monarch und der amerikanische Präsident: Gemeinsam wollen sie siegen, steht auf dem Plakat.

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Riad/Wien – Alle Erwartungen wurden erfüllt: Vor allem die Mutter aller Rüstungsdeals zwischen dem US-Präsidenten, der "Jobs, Jobs, Jobs" nach Hause bringen will, und dem Königreich, das so knapp bei Kasse ist wie selten in der Geschichte, wurde tatsächlich abgeschlossen. Es geht um ein Waffengeschäft im Umfang von fast 110 Milliarden Dollar (98 Milliarden Euro), das der Sicherheit des Königsreichs – und dem Wohlergehen der amerikanischen Rüstungsindustrie – dienen soll.

Der Aufwand, den die Saudis für den Besuch betrieben, war ebenso gigantisch wie der Deal: Dass Trump bei seiner ersten Auslandsreise die Tradition brach und kein Nachbarland, sondern König Salman bin Abdulaziz in Riad besucht, honorierte das Königshaus mit einem zweitägigen Gipfelfest, zu dem die halbe islamische Welt abkommandiert zu sein schien.

Samstagfrüh war die Präsidentenmaschine Air Force One auf dem König-Khalid-Flughafen in Riad aufgesetzt. Trump ließ die Gastgeber entlang des Roten Teppichs am Fuße der Air Force One einige Minuten warten, bevor er zusammen mit seiner Frau Melania winkend in der Flugzeugtür erschien. Und der Aufreger – eher nicht in Riad selbst, sondern nur für das westliche Publikum – war, dass Präsidentengattin Melania kein Kopftuch trug.

Melania ohne Kopftuch: Trump fand dies bei Michelle Obama beleidigend

Bei der Begrüßung schüttelte der Monarch des ultrakonservativen Königreichs Melania, die ohne Kopftuch kam, auch die Hand. Das wird die Fundamentalisten und Extremisten, die es im Königreich gibt, nicht freuen, es ist aber durchaus üblich im offiziellen Saudi-Arabien – und ganz besonders jetzt, wo sich die Saudis bemühen, das Land als offen und modern zu präsentieren.

Als Michelle Obama, Ehefrau des amerikanischen Ex-Präsidenten Barack Obama, im Jänner 2015 mit offenen Haaren in Saudi-Arabien auftrat, war es prompt Trump gewesen, der zu den Empörten gehörte. Auf Twitter schrieb er: "Viele sagen, es sei wunderbar gewesen, dass Frau Obama sich geweigert habe, ein Kopftuch in Saudi-Arabien zu tragen, aber sie wurden beleidigt. Wir haben genug Feinde."

Drei Toptreffen am Sonntag

Das Programm des US-Präsidenten war äußerst dicht. Stand am Samstag Geschäft und Sightseeing im Mittelpunkt – Trump sagte am Abend, sein Tag sei "tremendous" gewesen –, gab es am Sonntag gleich drei Toptreffen, bei denen Trump sorgfältig vorbereitete Reden ablas: den US-saudischen und den US-Golfkooperationsratsgipfel und als Höhepunkt den "Arab Islamic America Summit" mit der Teilnahme von bis zu vierzig Staatschefs. Trump, der vom Islam in seinem Wahlkampf "Sie hassen uns" gesagt hat, hielt bei dieser Gelegenheit auch seine langerwartete Rede zu Islam und Terrorismus. Selbstverständlich ist man an Barack Obama erinnert, der im Juni 2009, also ebenfalls ein paar Monate nach seiner Amtsübernahme, mit seiner Rede in Kairo die Beziehungen zwischen den USA und der islamischen Welt auf eine neue Basis stellen wollte. Gelungen ist das bekanntlich nicht.

Nun also Trump: Seine Verneigung vor den Sensibilitäten des Gastgebers bestand darin, dass er auf der von ihm bisher stets gepflegten Terminologie "radikaler islamischer Terrorismus" verzichtete. Ab sofort ist das Wort "islamistisch" in den Trumpschen Wortschatz aufgenommen – zumindest in Saudi-Arabien. Auch dass er nicht gekommen sei, jemanden zu belehren, werden die Saudis mit Freuden hören. Trump bot die Partnerschaft der USA, die "auf gemeinsamen Interessen und Werten" basiere. Deshalb müssten sich die "Kräfte des Guten" zusammenschließen. Böse sind – so kann man eine Passage in der Rede auslegen – auch jene, die Frauen unterdrücken, Juden verfolgen und Christen schlachten. Aber besonders was "Frauen unterdrücken" heißt, liegt wohl im Auge des Betrachters, besonders wenn er ein saudischer ist.

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Das Programm Trumps in Riad war das Ergebnis eines wochenlangen Ausverhandelns. Federführend sollen auf US-Seite Trump-Tochter Ivanka und deren Mann Jared Kushner, beide Präsidentenberater, gewesen sein, die beide nach Riad und danach nach Israel und in den Vatikan mitreisen. Damit, dass Politik eine Familienangelegenheit sein soll, hat Saudi-Arabien, das ja nach einer Familie heißt, naturgemäß am allerwenigsten Probleme. Auf saudischer Seite ist der Herr über das Event der Königssohn, Verteidigungsminister und Vizekronprinz – um nur seine wichtigsten Funktionen zu nennen – Mohammed bin Salman. Er steckt auch hinter dem PR-Schub, der Saudi-Arabien ein anderes Image geben soll.

Roosevelts Schreibtisch und die USS Quincy

Mohammed bin Salman, auch MbS genannt, ist der Enkelsohn von Staatsgründer Abdulaziz Al Saud, dem Präsident Franklin D. Roosevelt einst einen Tisch schenkte, den Trump im Museum in Riad bewundern konnte: An ihm saßen der US-Präsident und der saudische König im Februar 1945 auf der USS Quincy, auf dem Großen Bittersee am Suezkanal. Das gilt in der Geschichte als der offizielle Beginn des großen strategischen Bündnisses der USA mit Saudi-Arabien beziehungsweise des Westens mit dem politischen Islam gegen den Kommunismus.

Heute hat sich bekanntlich die Begeisterung über den politischen Islam in den USA und anderswo gelegt, und ein erklecklicher Teil des Trump-Programms ist dem saudischen Versuch gewidmet, zu beweisen, dass ihr strenger salafistischer Islam nicht Ursprung der Radikalisierung ist – wie auch viele Muslime meinen -, sondern im Gegenteil die Speerspitze im Kampf dagegen. Dazu gab es mehrere Veranstaltungen, Trump eröffnete ein "Global Center for Combating Extremist Ideology", und mit seiner Rede gab er den Saudis ja quasi auch den Segen als Extremismusbekämpfer.

Trump ist der Anti-Obama

Dass Abu Ivanka, wie Trump von den Arabern manchmal ironisch genannt wird, deswegen seine abschätzige Meinung über den Islam oder Muslime ändert, glaubt wohl niemand, auch wenn es in seiner Rede anders klingen sollte. Aber die Frustration über Barack Obama, der die Saudis einmal "sogenannte Verbündete" nannte – und ihnen eine Mitschuld am Zustand des Islam gab -, war in Riad so groß, dass Trump, der Anti-Obama schlechthin, automatisch sehr beliebt ist. Dabei wiederholt auch Trump, dass die Sicherheit Saudi-Arabiens die USA viel zu viel koste.

Und deshalb brachte er auch das Rüstungsgeschäft mit: 110 Milliarden Dollar, bis zu 350 Milliarden in zehn Jahren. Sie kommen gleichzeitig der saudischen Verteidigung und der US-Wirtschaft zugute: Somit bezahlen die Saudis für ihre Sicherheit, und Trump hält sein "America first" hoch. In Saudi-Arabien wird höchstens hinter vorgehaltener Hand geklagt, dass man das Geld ganz gut im eigenen Land für zivile Zwecke brauchen könnte. Durch den Krieg im Jemen und den erst langsam anziehenden Ölpreis ist das Königreich knapp bei Kasse. Ein Sparprogramm, das Murren unter der Bevölkerung auslöste, wurde aber vor kurzem wieder teilweise aufs Eis gelegt.

Eine "arabische Nato"

Interessant ist, was die Saudis alles an Waffen bekommen, aber auch, was sie nicht bekommen – denn Israels militärische Überlegenheit in der Region darf nicht gefährdet werden. Aber Trump macht auch nicht bei der Banalität von Waffengeschäften halt: Es wurde erwartet, dass er das Konzept eines arabischen Verteidigungsbündnisses, flapsig "arabische Nato" genannt, bewirbt. Die Kernländer sollen neben Saudi-Arabien die Vereinigten Arabischen Emirate – die bei der Normalisierung mit Israel am mutigsten sind – sowie Ägypten und Jordanien werden. Und es soll eine Kooperation mit den USA und Israel geben.

Auch andere Länder könnten interessiert sein. Die Gästeliste beim großen islamisch-arabisch-amerikanischen Gipfel wird aufmerksam studiert. Der sudanesische Präsident Omar al-Bashir, dessen Name draufstand, kommt nun doch nicht. Wahrscheinlich hat ihn Washington wegverhandelt: Auf ihn ist wegen der Kriegsverbrechen in Darfur immerhin ein Haftbefehl ausgeschrieben. Das macht sich nicht gut am Tisch eines US-Präsidenten, auch wenn es wie Trump einer ist, von dem gleich gar niemand erwartete, dass er im absolutistischen Saudi-Arabien Menschenrechte oder Demokratie anspricht. Für die Rehabilitierung des Sudan setzen sich Riad und Israel ein, weil er sich vom früheren engen Verbündeten Iran abgewandt hat und sogar im Jemen mitkämpft. So ändern sich die Zeiten. (Gudrun Harrer, 21.5.2017)