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Heinz-Christian Strache hebt den Krug mit dem AfD-Logo in die Höhe und prostet der "einzigen Alternative für Deutschland" zu, der er ein "ehrlicher Freund, Unterstützer und verlässlicher Partner" sein will. Anfang März besuchte der FPÖ-Chef die rechtspopulistische Schwesterpartei zum politischen Aschermittwoch im deutschen Osterhofen. Es war nicht das erste Treffen zwischen FPÖ- und AfD-Politikern: Man sah sich etwa bereits 2016 auf der Zugspitze oder beim "patriotischen Frühling" in der Pyramide Vösendorf, wo auch Front-National-Chefin Marine Le Pen anwesend war.

AfD-Chefin Frauke Petry und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache Anfang März in Osterhofen.
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Die Kooperation zwischen rechten Parteien schien noch vor wenigen Jahren wegen der eigenen nationalen Interessen schwer vorstellbar, heute sind hochkarätige Zusammentreffen, Unterstützungsaktionen im Wahlkampf oder Gratulationen nach Wahlerfolgen nichts Außergewöhnliches mehr. Dazu beigetragen haben vor allem gemeinsame Feindbilder, sagt der Rechtsextremismusexperte Andreas Peham vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) im Gespräch mit dem STANDARD. Der Islam und die EU. Die "nationalen Partikularismen", die zuvor noch im Vordergrund standen, seien dadurch "überlagert" worden.

Kooperation und Vertretung gemeinsamer Interessen finden allerdings nicht nur persönlich und mittels politischer Allianzen wie einer gemeinsamen Fraktion im EU-Parlament statt – auch virtuell gibt es über Landesgrenzen hinweg Vernetzungen.

Europäische Rechte bei einer Pressekonferenz zum Kongress ihrer EU-Parlamentsfraktion ENF (von links nach rechts): Geert Wilders (Niederlande), Frauke Petry (Deutschland), Harald Vilimsky (Österreich) Marine Le Pen (Frankreich) und Matteo Salvini (Italien).
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Starke Vernetzung

DER STANDARD hat eine Analyse der Online-Verbindungen und Facebook-Anhängerschaft von mehr als 200 Parteien und Gruppierungen, die dem rechtspopulistischen bis rechtsextremen politischen Spektrum angehören, erstellt und dabei auch Medien miteinbezogen, die in diesem Umfeld stark geteilt werden. Der Fokus lag auf dem deutschsprachigen Raum, aber auch bekannte Bewegungen abseits dieser Region wurden in die Analyse aufgenommen. Berücksichtigt wurden Likes und Verlinkungen zwischen Facebook-Seiten sowie die Überschneidung der auf den Pages aktiven Facebook-User.

Im deutschsprachigen Raum werden viele Verbindungen sichtbar. Das Facebook-Publikum des freiheitlichen EU-Abgeordneten Harald Vilimsky war zu 29 Prozent, das der Seite von FPÖ-Chef Strache zu zwölf Prozent auch auf der Page von AfD-Chefin Petry aktiv. Umgekehrt kommentierten oder reagierten 14 Prozent der aktiven User bei Petry auch auf Straches Seite. Petry hat in der Vergangenheit in ihren eigenen Postings auf die Seiten von Strache und Vilimsky verlinkt.

Wie "normale" Nutzer können auch Facebook-Seiten andere Pages mit "Gefällt mir" markieren. Auch wenn viele Facebook-Seiten von Politikern, etwa von Petry oder Strache, eher nationale Pages liken, die oft auch mit der eigenen Partei in Verbindung stehen, lassen sich auch europaweit gegenseitige "Gefällt mir"-Angaben beobachten. Beispielsweise unterstützt die Front-National-Vorsitzende Le Pen die Facebook-Seite von FPÖ-Chef Strache, während ihre eigene von Lega-Nord-Chef Matteo Salvini gelikt wurde.

Das Netzwerk macht auch Brückenbauer deutlich, die ein Publikum über Landes- und Sprachgrenzen hinweg anziehen: Le Pen schafft etwa einen Bezug aus dem deutschsprachigen Raum nach Frankreich, über Ungarns Premier Viktor Orbán gibt es zudem Verbindungen aus dem deutschsprachigen Raum in Richtung Tschechien und Polen.

Was sich neben der europaweiten Vernetzung von Politikern beobachten lässt, sind Verbindungen zwischen rechtspopulistischen Parteien respektive Politikern und rechtsextremen Bewegungen, die sich vor allem durch Überschneidungen bei ihrem Publikum zeigen. Beispielsweise finden sich die Unterstützer der rechtsextremen österreichischen Identitären Bewegung zu 52 Prozent auf Straches sowie zu 53 Prozent auf Norbert Hofers Facebook-Page wieder. Martin Sellner, Co-Leiter der österreichischen Identitären, gilt auch in Deutschland als wichtiger Kopf der Rechtsextremen. Sellner ist wiederum bei der Initiative "Ein Prozent" aktiv, die im AfD-Umfeld tätig ist.

Auch das Publikum der deutschen Identitären ist zu 50 Prozent auf der Seite der AfD-Vorsitzenden Petry aktiv, zu 28 Prozent länderübergreifend bei Strache. Die FPÖ fährt in Bezug auf die Identitären eine Strategie der vorsichtigen Distanzierung. FPÖ-Chef Strache verbreitet Aktionen der Identitären auf seiner Facebook-Seite, die Partei möchte offiziell aber nicht mit den Rechtsextremen in Verbindung gebracht werden. Dennoch waren Identitäre Kader etwa im Bundespräsidentschaftswahlkampf für Norbert Hofer unterwegs. Bewegungen wie die Identitären hätten im Zusammenhang mit der FPÖ "eine Art von Avantgarde-Funktion, da sie manches noch deutlicher und zugespitzter formulieren", sagt Rechtsextremismusexperte Peham im Gespräch mit dem STANDARD. Zwischen FPÖ und Identitären gibt es aber auch eindeutige Differenzen. Die FPÖ halte etwa "Integration für möglich und verlangt sie, also eher Assimilation, aber genau das ist für Gruppen wie die Identitären ein Verbrechen", so Peham, der das Buch "Extreme Rechte in Europa" verfasst hat.

Eine Demonstration der Identitären Bewegung im Sommer 2016 in Wien. Das Facebook-Publikum der Identitären findet sich zu 52 Prozent auf Heinz-Christian Straches Facebook-Page wieder.
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Gemeinsames Publikum mit FPÖ-nahen Medien

Die Daten zeigen, welche Rolle FPÖ-nahe Medien für die Kommunikationsstrategie der Partei spielen. 41 Prozent der Facebook-Fans von unzensuriert.at finden sich auch bei FPÖ-Chef Strache wieder, 38 Prozent bei dessen Vizeparteichef Norbert Hofer. Auch auf Seiten aus der Schweiz und aus Deutschland finden sich "Unzensuriert"-Fans: 31 Prozent von ihnen sind auf der Seite des Pegida-Aktivisten und Vorsitzenden der Schweizer Kleinpartei DPS, Ignaz Bearth, aktiv, 29 Prozent auf der Seite von Frauke Petry – das sind immerhin sieben Prozent aller Nutzer, die mit Petrys Seite interagieren. Erst Anfang April kündigte "Unzensuriert" an, nun auch in Deutschland tätig zu sein. An unzensuriert.de sollen auch Mitarbeiter vor Ort beteiligt sein, sagte Geschäftsführer Walter Asperl dem STANDARD. Schon vor der Expansion ist unzensuriert.at laut den erhobenen Daten eines der meistreferenzierten Medien dieses rechten Universums.

Neben unzensuriert.at teilen sich auch die zwei Publikationen "Info-Direkt" und "Wochenblick" Publikum mit Heinz-Christian Strache. 40 Prozent der bei "Info-Direkt" aktiven Facebook-Nutzer sind auch auf Straches Seite zu finden, 38 Prozent bei Norbert Hofer. Bei "Wochenblick" sehen die Zahlen ähnlich aus: 54 Prozent der aktiven User posten und liken auch auf der Seite von Heinz-Christian Strache, 61 Prozent auf der von Norbert Hofer. 28 Prozent des Publikums von "Wochenblick" sind auch auf der Seite von "Unzensuriert" aktiv. Beiden Seiten wurde eine inhaltliche Nähe zur FPÖ attestiert, das Wochenmagazin "Profil" hat etwa ausführlich über "Wochenblick" und "Info-Direkt" berichtet.

Auch die Fans der wöchentlich erscheinenden Zeitschrift "Zur Zeit" interagieren in sozialen Medien mit Inhalten der FPÖ oder AfD. 36 Prozent der Fans von "Zur Zeit" sind auf der Seite "Junge Freiheit" aktiv, die wiederum 5,6 Prozent der Anteile an der Verlagsgesellschaft hinter "Zur Zeit" hält. Die Wochenzeitschrift war in den 1990er-Jahren vom FPÖ-Abgeordneten Andreas Mölzer mit Blick auf die "Junge Freiheit" ("JF") gegründet worden.

Sprachrohr der Neuen Rechten

Die "JF" gilt als das wichtigste Sprachrohr der Neuen Rechten im deutschsprachigen Raum. Experten attestieren laut der deutschen Bundeszentrale für politische Bildung der "JF" eine "Scharnierfunktion zwischen dem rechtskonservativen und dem rechtsextremen Spektrum". Seit ihrer Gründung 1986 versucht die Wochenzeitschrift sowohl mit seriösen Politikern als auch mit teils rechtsextremen Akteuren zu interagieren. Mittlerweile gilt die "JF" als "Zentralorgan der AfD", wie die Rechercheplattform "Correctiv" schreibt. "Wer die AfD verstehen will, muss die 'Junge Freiheit' lesen", sagte niemand Geringerer als AfD-Vize Alexander Gauland.

Auch der islamfeindliche Blog "Politically Incorrect" ("PI") zeigt Verbindungen zu etablierten rechten Parteien und Politikern. Mehr als 50 Prozent des Facebook-Publikums von "PI" sind auch auf der Seite Petrys und der AfD aktiv. Auch 50 Prozent des Publikums der eher rechtslastigen "Epoch Times" findet sich auf der Page der AfD wieder (mehr zu "PI" und "Epoch Times" hier).

Es zeigt sich, dass die selbsternannten "alternativen Medien", die "abseits der Mainstream-Medien" agieren wollen, keine abgeschlossenen Räume sind, sondern miteinander ein starkes Netzwerk bilden. DÖW-Wissenschafter Andreas Peham spricht in diesem Zusammenhang von einer "Parallelwelt der Rechten – mit eigenen Kanälen, einer eigenen Wahrheit, einer eigenen Moral." Die Rede von einer "Parallelgesellschaft, die angeblich Muslime wollen, ist längst Realität – aber in einem anderen Sinne". (Text: Noura Maan, Fabian Schmid, Datenanalyse: Markus Hametner, Josef Šlerka, Mitarbeit: Julian Ausserhofer*, Cornelius Puschmann, 24.5.2017)