Ist ja scharf: Matthias Zykan heizt der Praterstraße diesen Sommer aus einem alten Kohlewagen ein.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Eine Reihe von Gerichten, die die brachial köstlichen Aromen der Thai-Küche sehr gut auf den Tisch zu zaubern verstehen.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Es ist kaum einen Monat her, dass Bangkoks Stadtverwaltung mit der Meldung für Aufruhr sorgte, sämtliche Streetfood-Standln verbieten zu wollen. Und das in der Welthauptstadt der Garküchen! Die Ankündigung wurde schnell relativiert, wohl auch, weil das eine Versorgungskrise samt weiteren Unruhen nach sich gezogen hätte.

Dass der Schanigarten des Supersense im Dogenhof diesen Sommer für ein abenteuerliches Thai-BBQ-Projekt herhalten muss, hat damit nur am Rande zu tun: Betreiber Florian Kaps hat einfach Geschmack am Wirtsein gefunden, sein "Partner in crime" Matthias Zykan, der schon das vorweihnachtliche Cook-up im Supersense überhatte, holt sich – nicht zuletzt dank örtlicher Verwandtschaft – regelmäßig gastronomischen Input aus der Bangkoker Streetfoodszene. Wer ihn die vergangenen Sommer über im Grillgarten des Volksgarten-Pavillons besucht hat, kann das bezeugen. Und: Kaps selbst ist von jeher daran gelegen, die angebliche Schwerfälligkeit und "Sicher ned"-Attitüde Wiens infrage zu stellen – gern auch mit südostasiatisch anmutender Guerillataktik.

Verführerischer Duft aus dem Kohletransporter

Deshalb steht seit Mitte vergangener Woche ein entzückender, ehemaliger Kohletransporter aus den 1960er-Jahren im Schanigarten des Supersense, aus dem es von Mittwoch bis Freitag verführerisch duftet. Drinnen werkt Matthias Zykan an einer einzelnen Induktionskochplatte. In einem alten Leberkäsofen verwahrt er außerdem massive Steaks, Hendln, Schweinebauch der hyperknusprigen Art. Das Material züchtigt er zuvor in einem Green-Egg-Grill zur Perfektion.

Es ist die Basis einer Reihe von Gerichten, die fallweise mehr als frech wirken, die brachial köstlichen Aromen der Thai-Küche aber sehr gut auf den Tisch zu zaubern verstehen. Wie Zykan da auf kleinstem Raum und mit minimaler Küchentechnik aus knusprigem Fleisch und zahllosen Kräutern vor Geschmack berstendes Essen schafft, das hat echt Garküchen-Eleganz.

Okay, Instant-Nudelsuppe aus dem Thai-Packerl gibt es auch, die kann da nur bedingt dazu gezählt werden. Ist auch mehr als aktionistischer Gag für das Recht auf kulinarische Selbstverstümmelung gedacht: Zykan hat (ähnlich wie der US-koreanische Koch-Superstar David Chang) seit Jahren eine Passion für die perverse Aromatik asiatischer Fertigsuppen. Als Anschauungsunterricht, wie Zykan selbst solche aus den Tiefen der Glutamathölle entsprungene Convenience-Granaten mit reichlich Limette, Minze, Jungzwiebel und einigen anderen Tuning-Accessoires binnen Sekunden in schlürfbares Essen verwandelt, kann man sich so eine Schüssel "Cheap Instant Soup" schon einverleiben. Erst recht in der Luxusvariante, wo noch knackiges Gemüse und, vor allem, ein paar Scheiben vom prachtvoll knusprigen Schweinebauch mit hineingepackt werden.

Essen auf laue Art

Der wird aber auch als Salat serviert, mit gefährlich guter Marinade aus Palmzucker, Fischsauce, Chili, nicht zu wenig Knoblauch und noch mehr Tamarinde: In Kombination mit ein paar Salatherzen, winzigem Pak Choi, Pfefferblättern, Radieschen und anderem Rohkostzeug dürfte das eines der herrlichsten lauen Essen dieses Sommers sein. Jener mit gehacktem Huhn hat zwar ähnliche Zutaten, schafft es aber irgendwie, auf ganz andere Art wunderbar zu schmecken.

Ob man sich das Steak von der alten Kuh danach pur vom Grill oder ebenfalls als Thai-Salat hergezwirbelt ordert, kann nur jeder für sich entscheiden. Dazu gibt es die Weine Christian Tschidas, die der deklarierte Groupie Kaps schon zu Weihnachten als Exklusiv-Option zum Vorzugspreis im Angebot hatte – ein kühles Pale Ale ist aber auch nicht verkehrt. Es geht hier schließlich ziemlich heiß her. (Severin Corti, RONDO, 26.5.2017)

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