Wien – Der "Kronzeuge" in der Causa Integrationsfonds (ÖIF), der unter anderem ein Wertgutachten für ein Immobilienpaket erstellt hat, das laut Vorwurf der Staatsanwaltschaft zu günstig ÖIF-Nahestehenden zugeschanzt wurde, schilderte in seiner Einvernahme auch die ihm übertragene Interessentensuche. Er selbst habe "so etwas noch nie gemacht", weshalb er bei seinem Kontaktmann, dem Hausverwalter des Fonds, gefragt habe, "wie es weitergeht, ob wir das Paket irgendwo inserieren sollen". Der Hausverwalter habe ihm "lachend geantwortet: Sind Sie wahnsinnig? Das können Sie ja nicht inserieren."

Wie er dann zu Angeboten kam, schilderte er der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) so: Der Hausverwalter habe ihm die drei "Interessenten am Telefon durchgegeben ... Er hat damals schon gesagt, von denen kommt ein Angebot." Diesen sogenannten Interessenten habe er dann ein Schreiben geschickt, das ihm der Hausverwalter auf sein Ersuchen hin vorgegeben habe. Und: "Die drei Angebote sind einfach so gekommen."

"Alles war sehr komisch"

Allerdings räumte der geständige Immobilienmakler vor der WKStA, die wegen Untreueverdachts beziehungsweise Beihilfe dazu gegen 13 Beschuldigte ermittelt, schon ein, "dass das alles sehr komisch war". Er habe "gespürt, dass etwas nicht stimmt, es war das alles irgendwie so gespielt". Tatsächlich hat ja die Geschäftsführerin der Hausverwaltungsgesellschaft (und spätere Frau des Inhabers) das Paket erworben. Für alle Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.

Jahre danach (die Grünen recherchierten die Angelegenheit) dürfte der Hausverwalter nervös geworden sein. Jedenfalls bat er laut Aussage des Immobilienmaklers um ein Treffen, bei dem er den Exgeschäftspartner aufgefordert haben soll, "alle Unterlagen" rund um den ÖIF-Deal "zu beseitigen", vor allem E-Mails. Allerdings legte der Beschuldigte der WKStA genau diese E-Mails vor.

Kaution nach 20 Jahren

Auf eher unfeine Weise hatte der ÖIF, der Unterkünfte für Flüchtlinge bereitstellen sollte und vom selben Manager geführt wurde wie der Stadterweiterungsfonds, auch Teile seiner Mieterschaft losbekommen. Da wurde, wie berichtet, eine Mutter von fünf Kindern ausquartiert: Ihr Mietvertrag wurde nicht, wie von ihr und ihren Betreuern erbeten, bis zu den nahen Schulferien verlängert. In anderen Fällen mussten die Beamten des Konsumentenschutzministeriums ausrücken, um die Kollegen vom zum Innenministerium ressortierenden Fonds zur Raison zu bringen.

2009 nämlich hatte der ÖIF von Mietern plötzlich eine "nachträgliche Kaution von 500 Euro" gefordert. Die Konsumentenschützer erklärten dem ÖIF, dass die Mieter (seit 20 Jahren in ihrer Wohnung) nicht zur Zahlung verpflichtet seien.

Erwerber wollten Mieter loswerden

Gar nicht nett waren dann auch die neuen Eigentümer der früheren ÖIF-Wohnungen zu ihren Mietern. Einer von ihnen will die von ihm bewohnte Wohnung in Wien-Währing kaufen? Der Vermieter in einer internen E-Mail: "Ein Verkauf kommt nicht in Frage. Setzen Sie Herrn B. darauf an, zu prüfen, ob wir eine Chance haben, die Wohnung freizukriegen." Und, Überraschung: In der folgenden Wohnungsbegehung stellte Herr B. etliche Verstöße des Mieters gegen den Mietvertrag fest. (Renate Graber, 23.5.2017)