Graz – Vier von 100.000 Menschen erkranken jährlich an Akuten Myeloischen Leukämie (AML). In 95 Prozent der Fälle geht die bösartige Erkrankung des blutbildenden Systems auf eine im Laufe des Lebens erworbene Genmutation zurück. Grazer Forscherinnen und Forscher haben eine vererbbare Verlaufsform entdeckt und auch eine Ursache gefunden, teilt die Med-Uni Graz mit.

In den 1970er-Jahren haben der US-amerikanische Krebsforscher Joseph F. Fraumeni und Frederick P. Li familiär gehäufte Fälle, die mit multipler Tumorbildung einhergehen unter dem sogenannten Li-Fraumeni-Syndrom zusammengefasst. Rund 20 Jahre später erkannten Forscher, dass diese häufig mit einer Mutation des Tumor-Suppressor-Gens TP53 einhergehen. Dieses Tumorsyndrom bedeutet ein lebenslanges Risiko von mehr als 80 Prozent an Krebs zu erkranken, sagt Heinz Sill. Er ist Leiter der Forschungseinheit "Myeloid Cells und Leukemia".

"Neben kindlichen Tumoren werden beim Li-Fraumeni-Syndrom häufig Weichteil- und Brustkrebserkrankungen, Karzinome der Nebenniere, der Lunge oder des Zentralnervensystems diagnostiziert", so Hämatologe Sill. Aber: "Auch die Erkrankung an AML ist möglich."

Vererbte Linie von AML entdeckt

In seiner Forschungsgruppe am Comprehensive Cancer Center Graz wurde eine familiär vererbte Linie von AML entdeckt. Wie die anschließenden Genanalysen zeigten, lagen auch hier Mutationen des Tumor-Suppressor-Gens TP53 vor. Dieses körpereigene Schutzschild kontrolliert im gesunden Körper das Zellwachstum. Die Mutation verursacht hingegen die bösartige Transformation jener Stammzellen, aus denen sich durch Zellteilung und zunehmende Differenzierung die Blutzellen entwickeln. "Die Zellen wachsen aufgrund der Veränderungen im Tumorsuppressorgen verstärkt und entwickeln sich nicht zu gesunden Blutkörperchen und sind nutzlos", erklärt Sill die Auswirkungen der Mutation.

Laut dem Grazer Forscherteam bringt die Mutation auch eine hohe Therapieresistenz mit sich, wie die Mediziner bei AML-Patienten mit TP53-Keimbahnmutationen erkannt haben. Aus Sicht des Grazer Teams ergebe sich daraus eine Relevanz umfassender genetischer Analysen bei Tumorerkrankungen: So kann man beispielsweise den Nutzen und das Risiko der Strahlentherapie abwägen", sagt Armin Zebisch von der klinischen Abteilung für Hämatologie des Med-Uni Graz. Nun arbeiten die Experten in Graz an der Erfassung der durch TP53-Mutationen ausgelösten Leukämie-Signale und gleichzeitig der Entwicklung zielgerichteter Therapieansätze. (APA, 23.5.2017)